Der heimische Immobilieninvestmentmarkt wächst 2017 auf mehr als 4 Mrd. € Transaktionsvolumen.

Vor allem in Europas Großstädten steigen die Immobilienpreise schon seit Jahren deutlich. Deshalb wird schon länger von einer Überhitzung auf dem Immobilienmarkt gesprochen. Einige Marktexperten behaupten sogar, dass es noch in den kommenden drei Jahren zu einem Platzen der Immobilienblase kommen werde. Andere Stimmen wiederum beruhigen, dass eine Immobilienblase noch lange nicht erkennbar sei. Jedenfalls ist auch weiterhin ein größerer Anstieg von Kreditvergaben für Immobilien in den beliebtesten Metropolen Europas zu beobachten – auch in Österreich. Zurückzuführen ist dies auf die niedrigen Zinsen und auf den Brexit.

Uno-City (Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)

4 oder gar 4,5 Milliarden?
Der heimische Immobilieninvestmentmarkt steht 2017 auf einem neuen absoluten Allzeithoch: Das Transaktionsvolumen sollte signifikant jenseits der 4-Milliarden-Marke liegen und damit den bisherigen Rekordwert von 3,45 Mrd. Euro aus 2015 um ca. 15 bis 20 % übertreffen.

Mit einem Transaktionsvolumen von 3,8 Mrd. € wurde der Gesamtwert 2016 (2,7 Mrd.) bereits nach drei Quartalen deutlich überschritten – und für das Abschlussquartal wurden noch zahlreiche weitere Transaktionen erwartet. Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich, geht sogar von einem Transaktionsvolumen von ca. 4,5 Mrd. € aus. Mit seinem Team hat er ein Transaktionsvolumen von rund einer Milliarde begleitet – zu den von CBRE betreuten Deals gehörte u.a. der Austria Campus, der mit einem Volumen von mehr als 500 Mio. € auch gleichzeitig die größte Transaktion 2017 darstellte.

„Österreich ist für internationale Käufer so attraktiv wie nie zuvor“, sagt Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting. „Auch wenn gerade bei den ganz großen Transaktionen mit mehr als 100 Mio. € erneut deutsche institutionelle Investoren dominierten, zeigt sich doch immer stärker, dass Österreich in den Veranlagungsstrategien von immer mehr Investoren aus Asien, Amerika und dem Nahen Osten eine wichtige Rolle spielt.“
Diese starke Investorennachfrage schlägt sich in einem hohen Preisniveau nieder: Für Spitzenobjekte im Bürobereich werden mittlerweile Preise akzeptiert, die einer Bruttoanfangsrendite von weniger als 4 Prozent entsprechen. „Ich bin ziemlich sicher, dass wir bald auch Investments in gewerblich genutzte Immobilien wie insbesondere in Bürogebäude sehen werden, bei denen die Rendite in Richtung 3,75 Prozent oder darunter tendiert“, prognostiziert Pöltl. Auch laut Georg Fichtinger haben die Renditen (leicht) nachgegeben und lagen seinen Zahlen zufolge bei Büroimmobilien per Ende September 2017 bei ca. 3,9 und bei Retailimmobilien zwischen 3,3 (High Street) und ca. 5,6 Prozent (Fachmarktzentren).

Wohnen in Österreich
Der heimische Wohnungsmarkt ist in den letzten Jahren im europäischen Vergleich zwar relativ günstig geblieben, die Immobilienpreise und in weiterer Folge die Mietkosten sind mit dem wachsenden Nachfrageüberhang aber massiv gestiegen. Allerdings ist der Preisanstieg am österreichischen Wohnimmobilienmarkt gegen Ende 2016 und Anfang 2017 abgeflaut bzw. in Wien sogar zum Stillstand gekommen. Die Preisentwicklung signalisiert zumindest eine Stabilisierung des Marktes auf hohem Niveau.

Wohnen ist in Österreich für einen Durchschnittshaushalt zumindest „leistbarer“ als in anderen ähnlich wohlhabenden europäischen Ländern. Trotz des Preisanstiegs liegt die Wohnkostenbelastung österreichischer Haushalte mit durchschnittlich 18 Prozent der verfügbaren Haushaltseinkommen noch deutlich unter dem EU-Schnitt von fast 23 Prozent.

Insgesamt wird für 2017 eine Bauleistung von mehr als 62.000 neuen Wohnungen in Österreich angenommen.
Falls die aktuelle Neubauleistung über 2017 hinaus aufrechterhalten wird, wird der Nachfrageüberhang am heimischen Wohnungsmarkt auf jeden Fall kleiner. Der Wohnungsneubaubedarf wäre zumindest im Landesdurchschnitt gedeckt, wobei aber auf regionaler Ebene, vor allem in den Ballungsräumen Defizite bleiben und besondere Anstrengungen im Wohnungsneubau erfordern.

Das starke Plus mehr als 40 Prozent beim Häuserpreisindex (incl. Wohnungen) von 2011 bis 2017 ist der großen Nachfrage nach Wohnraum in Eigentum geschuldet und spiegelt gewissermaßen „die Flucht ins Betongold“ wider. Preistreiber sind jedoch nicht höher werdende Baukosten – diese haben sich im selben Zeitraum „nur“ im Bereich der Inflation gesteigert. Vielmehr haben die immer höher werdenden Grundstückspreise und ein deutliches Plus bei Preisen bei Bestandswohnungen das Wachstum des Häuserpreisindes befeuert. Gleichzeitig führt die Wohnraumverteuerung zu einer weiteren Reduktion des Eigentümeranteils, wodurch der Druck auf die Mietpreise weiter steigt.

Viel Neubau bei Büros
Der Wiener Büromarkt gehört weiterhin europaweit zu einem der stabilsten Märkte. Für 2018 zeichnet sich eine Zunahme der Neubautätigkeit ab: Alleine mit den Projekten Austria Campus und „The Icon Vienna“ wächst das Büroflächenangebot in Wien um über 270.000 m2.

Da nun auch in der Immobilienwirtschaft die Sharing Economy aus ihrem Nischendasein getreten ist, werden Flächen in hippen Bezirken mit attraktivem, urbanem Umfeld zu einem wesentlichen Nachfragefaktor. Für Co-Working-Space zählen dabei unter anderem ein cooles Viertel, gute Anbindung an Fahrradwege und ans öffentliche Verkehrsnetz deutlich mehr als ausreichend Stellplätze in der Parkgarage und das preisgekrönte Design eines Stararchiteken beim Gebäude.

Die Stunde der Kreativen
So viel Beachtung wie noch nie finden neue Assetklassen und kreative Nutzungen traditioneller Immobilientypen. Die Entwickler setzen immer stärker auf Innovationen und die Investoren sind bereit, in diese auch beachtliche Summen zu veranlagen.

Im Mittelpunkt stehen neue Wohnformen in den Bereichen studentisches Wohnen, temporäres Wohnen, Seniorenwohnen und betreutes Wohnen, sowie zum Teil völlig neuartige Logistikimmobilien für den rasant wachsenden Warenumschlag im Onlinehandel. Insbesondere gibt es innovative Lösungen für stadtnahe oder sogar innerstädtische Verteilzentren, mit denen der Transport auf der „letzten Meile“ zu den Konsumenten hocheffizient organisiert werden kann.
Bei Shopping Centern hingegen hat Österreich eine gewisse Sättigung erreicht. Mit einer Shopping Center-Dichte von 315 m2 liegen „wir“ deutlich über dem EU-Durchschnitt von rd. 238 m2 pro 1.000 Einwohner. Im ganzen Jahr 2016 gab es mit dem EKZ ELI in Liezen im steirischen Ennstal eine einzige Shopping-Center-Neueröffnung. Damit ist die Spitzenrendie im Shopping Center-Bereich Mitte 2017 auf rund 4,0 Prozent gesunken. Stabil hoher Nachfrage nach Handelsimmobilien – getrieben durch internationale Fonds – steht ein knappes Angebot an Objekten gegenüber. Als Folge hält der Druck auf die Renditen vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfeldes unverändert an.

4.11.2017, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at