13 Verbände forderten in einer gemeinsamen Pressekonferenz von der Regierung und dem neuen Bundeskanzler Christian Kern ein Maßnahmenpaket zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts und für mehr Wachstum und Arbeitsplätze. (Foto: IV)
13 Verbände forderten in einer gemeinsamen Pressekonferenz von der Regierung und dem neuen Bundeskanzler Christian Kern ein Maßnahmenpaket zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts und für mehr Wachstum und Arbeitsplätze. (Foto: IV)

„Regulatorische Belastungen und mangelnde Flexibilität für Unternehmen wirken wie Sand im Getriebe des Wirtschaftsstandortes. Insbesondere das derzeitige österreichische Arbeitszeitrecht ist unflexibel und restriktiv“, sagt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV). Um zeitgerecht und adäquat auf Marktschwankungen reagieren zu können, bedürfe es anpassungsfähiger, betriebsindividueller Arbeitsmodelle. „Es geht nicht darum, in Summe mehr zu arbeiten, sondern dann, wann es sinnvoll ist.”

WKÖ-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser: „Die anhaltende Investitionsschwäche wird zu einer immer größeren Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft. Wenn wir in Österreich mehr Wachstum und Arbeitsplätze wollen, ist die Regierung gefordert rasche Investitionsanreize zu setzen – etwa indem sie eine vorzeitige Abschreibung für Abnutzung und einen Beteiligungsfreibetrag für private Investoren einführt. Und es müssen die Finanzierungsinstrumente der Europäischen Investitionsbank stärker ausgenützt werden, etwa für Sanierungsvorhaben.“

Stärkung des Wirtschaftsstandortes
Günter Stummvoll, Sprecher der Plattform für Leistung und Eigentum, weist darauf hin, dass bei einem Neustart der Regierung, die Stärkung des Wirtschaftsstandortes höchste Priorität haben müsse. Der stetige Verlust an Wettbewerbsfähigkeit in den internationalen Standortrankings zeige massive Wirkungen auf den Arbeitsmarkt. Österreich habe so zum Beispiel den höchsten Anstieg der Arbeitslosigkeit innerhalb der EU. Ein Maßnahmenpaket zur Stärkung von Wachstum und Arbeitsplätze erfordere eine Dreifach-Strategie, so Stummvoll, nämlich radikalen Abbau der Überreglementierung der Wirtschaft. Außerdem sei eine Einstellungsänderung zum Unternehmertum gefordert und eine Auflösung des Reformstaus durch Umsetzung der notwendigen Strukturreformen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pensionen, Arbeitsmarkt und Arbeitszeit (Flexibilisierung!) müsse rasch passieren.

Oliver Ginthör, Präsident des Bundes der Steuerzahler führte weiter aus: „Zeichen dafür, dass die Regierung tatsächlich gewillt ist, notwendige Reformen anzugehen, wären unter anderem folgende sofort umsetzbare Maßnahmen, wie die Abschaffung der „kalten Progression“ – welche seit langem versprochen ist -, die Rücknahme der im letzten halben Jahr vorgenommenen entsetzlichen Verkomplizierungen bei Vermietung/Verpachtung und beim Grunderwerb oder die Erhöhung der 10%igen Pauschalstrafe von derzeit 10.000 auf 20.000 Euro pro Jahr zur Vereinfachung der vielen kleinen Finanzstrafverfahren.“ Diese Handlungsmöglichkeiten seien im Rahmen einer generellen Forderung nach Struktur- und Verwaltungsreformen aufgestellt worden.

Faktor Arbeit steuerlich entlasten
„Es ist unbestritten, dass wir den Faktor Arbeit steuerlich entlasten müssen. Den dazu notwendigen budgetären Spielraum müssen wir uns erst erarbeiten und dazu wird es Strukturreformen brauchen, wie die Reform der Sozialversicherungsträger und die Vereinfachung der Steuergesetze“, sagt Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. „Wichtige Dinge anpacken und so die Stimmung im Land drehen. Lohnnebenkosten senken, die zarte Konjunktur nicht blockieren. Die Regierung muss zum Beispiel beim Finanzausgleich Haltung zeigen,“ stellt Michael Lunzer, Präsident der Österreichischen Notariatskammer seine Forderungen auf.
Auch Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbandes spricht sich für eine mutig handelnde Bundesregierung aus: „Die Politik hat die Chance zu entscheiden, ob sie mit dem Abbau von Bürokratie und dem Mut zu mehr Flexibilität, Arbeitsplätze schaffen will oder ob sie den bisherigen Weg fortsetzt und zusieht, wie Jobs abwandern und die Arbeitslosigkeit weiter steigt.“

Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich, wirft der Politik auch zu große Regulierungswut mit großer Detailverliebtheit vor. Problematisch seien vor allem Bestimmungen, die Unternehmer in ihrer Kreativität hindern würden, wie etwa Gewerbe- und Bilanzierungsvorschriften. „Wir sind kreativ, wir wollen Mitarbeiter beschäftigen und mit unseren Produkten zur Wertschöpfung am Land beitragen. Daran werden wir aber laufend durch eine Fülle von Formalvorschriften, die niemand mehr überblicken kann, gehindert. Pro 100 Festmeter verarbeitetes heimisches Holz aus unseren Wäldern wird ein Arbeitsplatz in Österreich gesichert!“, so Montecuccoli.

Als „Schuss nach hinten“ bezeichnet Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes, die zur Finanzierung der Steuerreform getroffenen Maßnahmen. „Insbesondere durch verringerte Abschreibungsmöglichkeiten werden der privaten Immobilienwirtschaft nachweislich beträchtliche Mittel zur Finanzierung von Sanierung und Neubau entzogen.“

Anton Reinl, Generalsekretär-Stv. der Landwirtschaftskammer Österreich, stellt fest, dass sich die Wettbewerbssituation für die österreichische Land- und Forstwirtschaft in den letzten Jahren dramatisch verschärft hätte. „Bäuerliche Betriebe haben bei der Bewältigung der strukturbedingten Produktionskosten eine besondere Herausforderung zu bewältigen. Unterschiedliche rechtliche Vorgaben im Binnenmarkt verstärken die ungünstige Kostenstruktur zusätzlich.“

Gemeinsame Ziele statt Blockade
Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), fordert einen Kurswechsel: „Den Kopf auszuwechseln führt noch nicht automatisch zu dem neuen Denken, das wir brauchen: mit gemeinsamen Zielen statt Blockade, Reformwillen statt Abtausch, Zug zum Tor statt Catenaccio. Immer mehr Bürokratie, immer mehr Steuern, immer mehr Schulden: Das funktioniert nicht.“ Von der neuen Bundesregierung bräuchten Unternehmen zum Beispiel eine Standort-Roadmap für das 21. Jahrhundert statt der Gewerbeordnung von 1859.

Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, stellt fest: „Der Rahmen für Arbeit und Wirtschaft ist der Rechtsstaat. Rechtsanwälte sichern Fairness und Prosperität. Zugleich sind sie mit den anderen freien Berufen ein wichtiger Faktor am Arbeitsmarkt mit überdurchschnittlich hohen jährlichen Wachstumsraten an unselbständig Beschäftigten. Runter mit den Lohnnebenkosten! Runter mit Steuern und verabschieden wir uns von Gebühren, die in unserer heutigen Gesellschaft einfach nicht mehr zeitgemäß sind.“

(Paul C. Jezek)