Professoren von Elite-Universitäten aus drei Kontinenten unterstreichen die Notwendigkeit von Unternehmertum.

„Österreich muss endlich eine Brücke zwischen Unternehmen und Universitäten bauen, sodass der gesellschaftliche Nutzen von Wissenschaft nicht verloren geht“, so Hermann Hauser. (Bild: pixabay / Montage)

Die beiden Investoren Hermann Hauser (Amadeus Capital Partners/I.E.C.T.) und Herbert Gartner (eQventure) weisen mit ihrer Initiative „Spin-off Austria“ auf die Diskrepanz zwischen aufgewendeten Forschungsausgaben und der fehlenden Übersetzung in wirtschaftliche relevante Anwendungen hin. Aus diesem Anlass fand noch 2020 erstmals die Spin-off Austria Conference statt. Renommierte Experten aus Amerika, China, der Schweiz und Neuseeland gaben in Online-Keynotes und -Panels ihre Sichtweisen und Expertise an mehr als tausend Teilnehmer weiter. Die Conclusio: Spin-offs sind nicht „nice-to-have“, sondern alternativlos für die Zukunft unseres Landes.

Hermann Hauser (Foto: I.E.C.T.) und Herbert Gartner (Foto: QVenture)


Hermann Hauser (Co-Founder Amadeus Capital Partners, Vice-Chair EIC Pilot Advisory Board) warf die Frage auf, wofür es Universitäten überhaupt benötige? Dazu führte er das Mission Statement der britischen Royal Society an: die Wissenschaft müsse zum Wohle der Menschheit weiterentwickelt und genutzt werden. In erster Linie sind Universitäten für die Forschung und Bildung von Studenten verantwortlich. Jedoch dürfe die Übersetzung von Ideen in die Wirtschaft nicht vergessen werden. So haben nicht führende Unternehmen die disruptiven Innovationen, die unser Leben in den nächsten Jahren verändern werden, entwickelt. Die revolutionären Ideen sind, zum Beispiel Elektro- oder autonom fahrende Autos, von ehemals kleinen Startups erfunden worden. Sie wurden durch Leidenschaft, eine Vision und unberechenbarem Optimismus getrieben.

Die Spin-off Austria Conference
„Österreich muss endlich eine Brücke zwischen Unternehmen und Universitäten bauen, sodass der gesellschaftliche Nutzen von Wissenschaft nicht verloren geht“, so Hauser. Er zählte Faktoren auf, die es momentan am österreichischen Markt erschweren, ein Spin-off zu gründen. Weiters wurde u.a. die Frage nach technologischer Souveränität aufgeworfen. „Österreich muss dazu im Stande sein, technologische Infrastruktur zu bieten. Und dies, ohne von anderen Ländern abhängig zu sein“, führte Hauser aus. Auch die aktuelle Gesundheitskrise wird durch revolutionäre, schnell agierende und flexible Spin-offs positiv beeinflusst. „Das zeigt, wie entscheidend Spin-offs für Volkswirtschaften sind. Diese müssen ein Teil der universitären Leistungsvereinbarung werden, sodass einfache Richtlinien festgelegt werden können.“ Schließlich ist das Ziel der Initiative, bis 2030 mehr als 1000 Spin-offs in Österreich zu gründen. Hauser: „Aus Spin-offs entstehen Jobs und wirtschaftlicher Wohlstand. Österreich darf nicht von anderen Ländern abhängig werden, wenn es um technologischen Fortschritt geht.“

Mark Ferguson (Generaldirektor der Wissenschaftsstiftung Irland, wissenschaftlicher Hauptberater der irischen Regierung und Vorsitzender des Beirats des Europäischen Innovationsrats) zeigte die Startup-Lücke zwischen den USA und Europa auf. Dabei wies er vor allem auf die fehlende Kommerzialisierung von wissenschaftlichen Erkenntnissen im europäischen Raum hin. Um in Österreich ein qualitativ hochwertiges Spin-off Ökosystem zu schaffen, benötige es ein dynamisches Umfeld, welches Innovationen ermögliche. Als die Märkte der Zukunft nannte er Umwelttechnik, medizinische Versorgung als auch künstliche Intelligenz.

Auch Giulio Superti-Furga (Wissenschaftlicher Direktor CeMM, Professor für Medizinische Systembiologie, Medizin Universität Wien) kritisierte die unzureichende Anzahl an Spin-offs hierzulande. Relativiert auf die Studenten und Wissenschaftler in Österreich, gibt es nicht ausreichend Spin-offs. Schließlich kann Kreativität erst dann entstehen, wenn die Übersetzung von Wissenschaft in Unternehmertum im universitären Bildungsauftrag verankert wird. Daraus würden nicht nur neue Jobs, Talente und Erfindungen entstehen, sondern dies auch den Anspruch an unsere Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Um die Wiege für mehr Spin-offs in Österreich zu legen, muss Innovation als eine staatliche Angelegenheit gesehen werden. Auch der Wert des Unternehmertums ist in Österreich noch hintenangestellt. Schuld daran sind Hindernisse durch akademische oder staatliche Bürokratie. „Österreich fehlt es an Risikobereitschaft.“ Superti-Furga gab drei Empfehlungen, die Österreich zu mehr Spin-offs verhelfen sollen:
1) Es benötige klare Richtlinien und Hilfestellungen.
2) Zudem müsse der Wert von Wissenschaftlern wahrgenommen werden.
3) „Spin-offs! Gedanken und Ideen müssen wertgeschätzt und gesichert werden. Denn damit können gesamte Gesellschaften verändert werden.“

Yan Gong (Professor für Entrepreneurial Management Practice an der CEIBS und Programmdirektor des CEIBS Entrepreneurial Leadership Camp/CEIBS Venture Capital Camp) sprach über China: die Startup-Nation schlechthin. So sind die USA (203) und China (206) die Nationen mit den meisten Unicorns. Indien folgt mit 21. China habe das größte Startup Ökosystem weltweit. 2018 hätten allein 11.800 Inkubatoren mehr als 620.000 Startups zum Erfolg geholfen.

„Ausschlaggebend ist vor allem, dass Innovation ein zentrales Thema der Politik wurde. Die chinesische Wirtschaft ist innovationsgetrieben“, betonte Gong. Dieser Ansatz beinhaltet einen Top-Down-Zugang, der Startups eine systematische Unterstützung zuspreche, wie z.B. die Reduzierung von Steuern. Jedoch dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass eine große Lücke zwischen der Anzahl an Patenten und Startups sowie dem Zitieren dieser Patente bestehe. China hat aktuell noch wenig Einfluss auf die globale Innovation. Gong meint, dass es „eine stärkere Versagenskultur benötige. Wir müssen das Versuchen und Scheitern zulassen“.

Befreit uns von der Pandemie!
David Gann (Pro-Vize-Kanzler Entwicklung und Außenbeziehungen der University of Oxford) verdeutlichte, dass Universitäten den Studenten die Rahmenbedingungen zum Erfolg mitgeben. Talent und Möglichkeiten sind die zwei verbindenden Teile, die Bildungseinrichtungen bieten können. Zu Entrepreneurship gehört auch eine Portion Glück. Gann stellte die Frage, was Unternehmen der Gesellschaft eigentlich nützen. Dies zeigte er mit der aktuellen Gesundheitskrise auf. „Entrepreneure lösen Probleme, finden Möglichkeiten und entwickeln Organisationen für neue Ideen. Es geht nicht um die Technologie, sondern darum, ökonomische und soziale Effekte auf die Gesellschaft auszuüben.“ So bringt Unternehmertum die Schnelligkeit und Agilität, die Forschung und Ressourcen, Lehre und Training als auch neue Standards, um uns von der weltweiten Pandemie zu befreien. „Um dies zu erreichen, benötigt es eine wissenschaftliche Kultur, die dies nicht verhindert, sondern fördert. Die genialen Köpfe eines Landes dürfen nicht durch Bürokratie ausgebremst werden.“

Auch Tomas Brenner (Geschäftsführer des Innovation und Entrepreneurship Lab (ieLab), dem Inkubator der ETH Zürich für Pre-/Early Stage Deep Tech Start-ups) betonte, dass es innerhalb eines Landes unternehmerisches Denken und Handeln benötige. „Das Ziel ist, die Technologien in die Gesellschaft hinauszutragen und sie zu übersetzen.“

Was sind aber nun Erfolgsfaktoren, um ein Spin-off zu gründen? Dieser Frage widmete sich Ken Morse (Serial Entrepreneur und Investor, Gründungsgeschäftsführer des MIT-Entrepreneurship-Zentrums) in seiner Analyse. Von Innovation kann erst dann gesprochen werden, wenn diese auch kommerzialisiert wird. „Fokus, außerordentlicher Ehrgeiz, ein Team von Workaholics und die richtigen Verkaufsargumente“, nannte Morse als die wichtigsten Faktoren.

Greg Galvin (Serial Entrepreneur der Cornell University) gab zu bedenken, dass Unternehmertum nicht immer in unserer akademischen Welt verankert war. „Die Gründung von Startups entwickelte sich von nicht existent hin zu einer Notwendigkeit. Um dieses unternehmerische Ökosystem zu kreieren, benötigt es jedoch Zeit. Der Kern sind Forschung und der wissenschaftliche Nachwuchs.“ Ken Morse: „Studenten wollen innovativ sein und gleichzeitig Gutes tun. Das bedeutet, ein Startup zu gründen und Kunden zu gewinnen, um Arbeitsplätze zu schaffen und dem eigenen Land zu wirtschaftlichem Erfolg zu helfen. Die Entrepreneure von heute wollen einen sozialen Beitrag leisten.“

„Ich rufe alle Universitäten unseres Landes dazu auf, an der Spin-off Austria Initiative teilzunehmen“, bringt es der Rektor der Universität TU Graz, Harald Kainz, auf den Punkt. „Spin-offs sind wesentlich für die Zukunft unseres Landes. Dieses Ziel muss die Politik mittels Anpassung der Leistungsvereinbarungen von den Universtäten einfordern.“

9.3.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at