Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, den Rücktrag von Verlusten des Jahres 2020 auf gewinnträchtige Jahre 2019 und 2018 zu beantragen. Hierbei handelt es sich aber um keinen Paradigmenwechsel im österreichischen Ertragsteuerrecht, sondern nur um eine einmalige COVID-19-bedingte Sonderregelung. (Bild: pixabay.com / Montage)

Mit dem KonStG 2020 wurde die Möglichkeit geschaffen, Verluste der Veranlagung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer 2020 auf die Jahre 2019 und 2018 rückzutragen. War der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Vorschriften noch recht vage, wurde nun mit der neu veröffentlichten COVID-19-VerlustberücksichtigungsVO (BGBl II 405/2020) die konkrete Vorgehensweise näher präzisiert.

Eckpfeiler des Verlustrücktrages
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, den Rücktrag von Verlusten des Jahres 2020 auf gewinnträchtige Jahre 2019 und 2018 zu beantragen. Hierbei handelt es sich aber um keinen Paradigmenwechsel im österreichischen Ertragsteuerrecht, sondern nur um eine einmalige COVID-19-bedingte Sonderregelung.

Für diesen einmaligen Verlustrücktrag gilt insbesondere, dass:

  • der Verlustrücktrag ein antragsgebundenes Wahlrecht ist,
  • der Rücktrag auf maximal EUR 5 Mio begrenzt ist,
  • der Rücktrag primär in die Veranlagung 2019 zu erfolgen hat,
  • ein Rücktrag in 2018 bis zu EUR 2 Mio sekundär möglich ist, wenn der Maximalbetrag iHv EUR 5 Mio in 2019 nicht ausgeschöpft werden konnte,
  • ein über den Maximalbetrag hinausgehender Verlust als Verlustvortrag in den nächsten Jahren berücksichtigt werden kann und
  • der Verlustrücktrag einer Verwendung eines Verlustvortrags in der Veranlagung 2019 und 2018 vorgeht.

Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr steht die einander ausschließende Wahlmöglichkeit offen, ob Verluste des Wirtschaftsjahres 2020/2021 auf die Jahre 2019/2020 und 2018/2019 oder stattdessen Verluste des Wirtschaftsjahres 2019/2020 auf die Jahre 2018/2019 und 2017/2018 rückgetragen werden. Eine Vermischung der Verluste aus den Wirtschaftsjahren 2020/2021 und 2019/2020 ist nicht möglich.

Für konkrete Durchführung des Verlustrücktrages hat der Gesetzgeber zwei Möglichkeiten geschaffen:

  • Verlustrücktrag im Rahmen der Veranlagung 2020
  • Ansatz einer COVID-19-Rücklage in der Veranlagung 2019

Verlustrücktrag im Rahmen der Veranlagung 2020
Hierbei kommt es zu einer „nachgelagerten“ Verlustberücksichtigung, sobald die Verluste des Jahres 2020 endgültig im Rahmen der Veranlagung 2020 feststehen. Hierfür muss der Steuerpflichtige im Zuge der Steuererklärung 2020 einen Antrag auf Geltendmachung des Verlustrücktrages abgeben. Dabei hat in weiterer Folge eine amtswegige „Korrektur“ der Bescheide 2019 und 2018 und eine entsprechende Steuergutschrift zu erfolgen.

Ansatz einer COVID-19-Rücklage in der Veranlagung 2019
Daneben wurde in der COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung die Möglichkeit geschaffen, die Verluste des Jahres 2020 bereits frühzeitig in der Veranlagung 2019 zu berücksichtigen. Hierfür kann der Steuerpflichtige, insoweit die betrieblichen Einkünfte 2019 positiv und im Jahr 2020 voraussichtlich negativ sind, den Ansatz eines besonderen Abzugsposten (sog. „COVID-19-Rücklage“) beantragen. Die COVID-19-Rücklage kürzt letztendlich den Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte für das Jahr 2019.

Die Höhe der COVID-19-Rücklage wird wie folgt ermittelt:

  • Soweit die Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen 2020 auf Null (oder auf die Höhe der Mindestkörperschaftsteuer) herabgesetzt worden sind, beträgt die Rücklage ohne weiteren Nachweis bis zu 30% des positiven Gesamtbetrages der betrieblichen Einkünfte aus 2019.
  • Wird die Höhe der betrieblichen Verluste 2020 glaubhaft gemacht, kann insoweit eine Rücklage bis zum doppelten Ausmaß (60%) gebildet werden.
  • Die Rücklage darf EUR 5 Mio nicht übersteigen.

Die COVID-19-Rücklage ist über ein dafür vorgesehenes amtliches Formular geltend zu machen. Die Beantragung ist im Rahmen der Steuererklärung 2019 möglich, kann aber auch noch dann erfolgen, wenn das Jahr 2019 bereits veranlagt wurde. In diesem Fall wird der Bescheid 2019 rückwirkend korrigiert.

Zusätzliche Herabsetzung der Vorauszahlung 2019
Sind die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage im Rahmen der Veranlagung 2019 gegeben, kann darüber hinaus bereits vor Abgabe der Steuererklärung für 2019 die nachträgliche Herabsetzung der ESt- bzw. KöSt-Vorauszahlungen 2019 beantragt werden. Dem Antrag ist eine entsprechende Berechnung des voraussichtlichen Steuerbetrages unter Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage beizufügen. Sollte dieser vorzeitige Liquiditätseffekt beabsichtigt werden, ist jedoch auch zu beurteilen, ob eine isolierte Auszahlung der Gutschrift im konkreten Fall tatsächlich möglich ist.

Auswirkung der COVID-19-Rücklage auf die Veranlagung 2020
Bei Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage in der Veranlagung 2019 muss im Rahmen der Steuererklärung 2020 der entsprechende Betrag hinzugerechnet werden. Dies dient der Neutralisierung des durch die Vorziehung bereits geltend gemachten Verlusts.

Sollte durch den Ansatz der COVID-19-Rücklage in der Steuererklärung 2019 nicht der maximal mögliche Höchstbetrag verwertet worden sein oder ein Rücktrag in das Jahr 2018 erforderlich sein, kann im Rahmen der Veranlagung 2020 ein weiterer Antrag auf Berücksichtigung des Verlustrücktrages in den Veranlagungen der Jahre 2019 und 2018 gestellt werden.

Verlustrücktrag bei Mitunternehmerschaften
Die COVID-19-Rücklage ist nicht im Rahmen des Feststellungsverfahrens gemäß § 188 BAO zu berücksichtigen, sondern erst bei der Veranlagung der jeweiligen Mitunternehmer zu berücksichtigen.

Verlustrücktrag bei Unternehmensgruppen
Bei Unternehmensgruppen ist der Verlustrücktrag nur auf Ebene des Gruppenträgers für das zusammengefasste Ergebnis zu berücksichtigen. Dies gilt sowohl für die Geltendmachung der COVID-19-Rücklage als auch für den Verlustrücktrag im Rahmen der Veranlagung 2020. Der Maximalbetrag ist mit EUR 5 Mio pro Gruppenmitglied und dem Gruppenträger festgelegt.

Eingeschränkte Übertragung des Verlustrücktrages
Für die Übertragung des Verlustrücktrages auf einen anderen Steuerpflichtigen sind die für den Verlustabzug bestehenden Grundsätze heranzuziehen. Somit kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Übertragung von Todes wegen erfolgen. Im Rahmen von Umgründungen soll eine Übertragung des Verlustrücktrages auf den Rechtsvorgänger nicht zulässig sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Umgründung im Einzelfall den Verlustrücktrag verhindert. Die potentiellen Auswirkungen sollten im Einzelfall geprüft werden.

Fazit
Mit der COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung hat das BMF weitgehend für Klarheit gesorgt. In der konkreten Anwendung können sich dennoch ein Abstimmungsbedarf ergeben oder aber vereinzelte Stolperfallen auftun.

24.9.2020, Autor: Michael Wenzl / PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft / www.pwc.at