… und ehrenwerte Männer sind sie alle? (Bild: pixabay.com)

Was hatten der König der Dramatiker William Shakespeare und die österreichische Autorin Paula Preradović als Verfasserin des Textes „unserer“ Bundeshymne wohl gemeinsam? Richtig, zu ihrer Zeit waren Frauen in der hohen Literatur noch nicht sehr präsent und deshalb vergaß der Mann aus Stratford-upon-Avon bei „So are they all, all honourable men“ in „The Tragedy of Iulius Caesar“ ebenso auf die Damen (wobei eine alternative Übersetzung mit „Denn Brutus ist ein ehrenwerter Mann – das sind sie alle, alle ehrenwert“ dem Problem halbwegs elegant auszuweichen scheint) wie die verehelichte Paula Molden mit ihrer Zeile „Heimat bist du großer Söhne“.

Die Lyrikerin hat ihren Text wohl sehr ernst genommen und vor allem gemeint, während Shakespeare „seinen“ Marc Anton bei dessen Rede an das Volk von Rom in seinen „ehrenwerten“ Aussagen über Brutus meisterhaft die scharfe Klinge der Ironie führen lässt. „Ich will, wass Brutus sprach, nicht widerlegen“, schwindelt Marc Anton rhetorisch großartig, um das römische Volk peu à peu mit dem Virus des Zweifels an Cäsars Mörder zu infizieren. (Um schließlich die öffentliche Meinung sieg- und erfolgreich völlig „umzudrehen“.)

Apropos öffentliche Meinung, apropos Virus. Erinnern Sie sich noch an den 28. August dieses Jahres? Das ist noch gar nicht soo lange her, dennoch wird Ihnen der Tag als solcher wohl kaum noch wirklich präsent sein. Er war ja auch (fast) „nur“ deswegen so bemerkenswert, weil unser aller Bundeskanzler damals sein „Es gibt schön langsam Licht am Ende des Tunnels“ verkündet hat – bezeichnenderweise gegen Ende der Sommerferien, die unsere Regierung ganz augenscheinlich besonders intensiv genossen hat.

Wir wollen Ihr Gedächtnis noch etwas mehr bemühen und den Wonnemonat in Erinnerung rufen, der allerdings an jenem 6. Mai noch gar nicht so richtig begonnen hatte, als unser aller Bundeskanzler das gern gehörte, wahlweise auch gern gelesene Bild von der „Insel der Seligen“ zeichnete: „Weil wir schnell und entschlossen reagiert haben und die Infektionskurve damit rascher als in den meisten Ländern Europas gesunken ist, haben wir auch im internationalen Vergleich weniger wirtschaftlichen Schaden genommen. Aber wir können nun früher als andere wieder hochfahren und rascher aus der Krise kommen.“

Oh ja, es gibt wohl noch einige andere Länder, in denen die allgemeine Situation möglicherweise NOCH schlimmer ist, und ja, wir sind ziemlich früh wieder sehr hoch gefahren und inzwischen umso tiefer gefallen. Woran könnte das liegen und wieso haben die dafür verantwortlichen ehrenwerten Männer (und Frauen!) nicht zumindest für ausreichend Schaumstoff für unser aller tiefen Fall gesorgt, um denselben wenigstens halbwegs abzufedern. Warum werden völlig unverhältnismäßige Kollateralschäden in Kauf nehmen, nur um – außerdem sogar das noch zu spät – mit blinder Aktionitis die komplette Bevölkerung in total überzogene Virusgeiselhaft zu nehmen?

Shakespeare konnte es noch nicht kennen, Paula Preradović war verkehrstechnisch gesehen auch noch um Jahrzehnte zu früh „d’ran“, jenes Problem nämlich, dass Wiens Autofahrer (und Autofahrerinnen) alle Jahre wieder „entdecken“, wenn der klimagewandelte Winter nämlich wenigstens so viel Schnee hergibt, dass in den Stunden und Tagen der ersten Flocken alle Jahre wieder in der Bundeshauptstadt ein völlig unerwartetes gröberes – um nicht zu schreiben: sehr grobes – Matsch- und Verkehrschaos entsteht. Ebenso vollkommen unerwartet und vor allem unvorhersehbar war offenbar während der verdienten zumindest zwei Monate Regierungsferien, dass Covid-19 in der kälteren Jahreszeit besser blüht und gedeiht, dass ein (kleiner) Anteil der Österreicher (und Österreicherinnen) von Vernunft und Disziplin grundsätzlich nicht allzu viel und mit fortgeschrittener (Präventions-)Dauer desto weniger hielt?

Was wurde eigentlich aus der hochgelobten Corona-Ampel mit sehr genauen und detaillierten Aufstellungen zu den einzelnen Bezirken?
Wie erging’s der wohl noch höher gelobten Corona-App und wie viel Geld wurde allein mit diesen beiden offensichtlich nutzlosen Ideen verbrannt?
Wieso braucht es in Zeiten der Not dreijährige Ausbildungszeiträume, um nach etwa 14 Tagen forcierter Know-how-Vermittlung nach bestem Wissen und Gewissen sicher komplexe medizinische Geräte störungsfrei bedienen zu können?
Wieso kann es in Zeiten der Not Lehrermangel geben, wenn – nur als Beispiel – jeder gutwillige Maturant (und jede gutwillige Maturantin) zumindest Pflichtschüler betreuen und wohl auch belehren kann?

MUSS man völlig sinnentleert und ohne jede Differenzierung alle zumindest tw. schlauen und/oder durchdachten und/oder sinnvollen Präventionskonzepte etwa in der Kultur und im Sport negieren?
MUSS man alle Schulen schließen

Fragen über Fragen … doch Basti ist ein ehrenwerter Mann – und alle, alle sind sie ehrenwert …

29.11.2020 / Autor: Paul Christian Jezek / p.jezek@lex-press.at