Sie werden oft als Rückgrat der heimischen Wirtschaft bezeichnet: Rund 88 Prozent der österreichischen Firmen sind Familienunternehmen.

Die Austro-Familienunternehmen beschäftigen in Summe knapp 1,8 Millionen Mitarbeitende und erwirtschaften Umsätze in der Höhe von fast 400 Milliarden Euro. (Bild: pixabay)

„Die spezifischen Stärken und Schwächen dieses Unternehmenstyps ergeben sich aus dem Zusammenwirken zweier ganz unterschiedlicher Systeme, nämlich des Systems ‚Familie‘ und des Systems ‚Unternehmen‘“, erklärt Prof. Hermann Frank vom interdisziplinären Forschungsinstitut für Familienunternehmen an der WU. „Der Familieneinfluss kann Quelle strategischer Vorteile, aber auch ein Nachteil sein, wenn die Familie keine geeinte Position zur Wahrnehmung dieses Einflusses aufweist. Die unterschiedlichen Ausprägungen dieses Einflusses und dessen Auswirkungen auf den betrieblichen Erfolg und Misserfolg sind zentraler Gegenstand der Family-Business-Forschung.“

So stellt die Nachfolge und Übergabe für viele Familienunternehmen laut Frank eine große Herausforderung dar, besonders dann, wenn der Betrieb seit längerer Zeit stagniert. Denn die familieninterne Nachfolge geht seit einigen Jahren zurück: Insofern sind Management Buyouts (Beteiligung/Übernahme durch Mitarbeiter) oder Buyins (Außenstehende beteiligen sich am Kapital und übernehmen Führungsfunktionen) von zunehmender Bedeutung. Dass Familienunternehmen grundsätzlich klein sein müssen, ist übrigens ein Irrglaube: Vielmehr umfassen sie alle Größenklassen und Branchen. „Deren Anteil bei mittelgroßen Unternehmen (50-249 Mitarbeiter) liegt bei ca. 67 Prozent, bei den großen Unternehmen sind ca. 50 Prozent Familienunternehmen“, weiß Hermann Frank. Bekannte große österreichische Familienunternehmen sind zB Internorm, Porsche, Red Bull oder Swarovski.

Digitalisierung als große Herausforderung
Laut einer aktuellen PwC-Studie blicken „unsere“ Familienunternehmen derzeit etwas weniger optimistisch in die Zukunft als noch vor einem Jahr: „Nur“ 76 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sie auch im kommenden Jahr wachsen werden. 2018 waren es noch 82 Prozent. Dennoch sind heimische Betriebe weit positiver eingestellt als der EU-Durchschnitt (57 Prozent), vor allem beim großen Nachbarn Deutschland (46 Prozent) schwindet die Zuversicht auf wachstumsstarke Jahre deutlich. Pessimistischer sind in Europa nur Unternehmen in Griechenland (45) und Schweden (44 Prozent). Es gibt jedoch einen entscheidenden Faktor, der Familienunternehmen in ganz Europa gleichermaßen beeinflusst: die Digitalisierung. Gerade bei diesem Thema hinken heimische Betriebe noch weiter hinterher, warnt die „European Private Business Survey“ von PwC.

„Unternehmen in ganz Europa müssen sich auf die neue Normalität einstellen: Zu ihr gehören Megatrends wie Urbanisierung, politische Instabilität im In- und Ausland, anhaltend signifikanter Fachkräftemangel und insbesondere die Digitalisierung auf allen Ebenen. Vor allem diese wird ganz besonders über die Zukunftsfähigkeit der Familienunternehmen entscheiden“, so die Einschätzung von Rudolf Krickl, Experte für Familienunternehmen und Partner bei PwC Österreich.

Das sehen österreichische Unternehmen durchaus auch so: Nur 4 Prozent glauben, dass die Digitalisierung keinen Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens hat – dem stehen 49 Prozent gegenüber, die signifikante Auswirkungen auf ihr Geschäft erwarten. Im Vergleich zu den skandinavischen Ländern (72), Portugal (80) sowie Großbritannien und den Niederlanden (jeweils 85 Prozent) liegen die österreichischen Unternehmen mit dieser Einschätzung aber deutlich zurück. Die nicht ganz so ausgeprägte Relevanz, die heimische Familienunternehmen der Digitalisierung beimessen, zeigt sich auch an den geplanten Investitionen: Weniger als ein Viertel ist bereit, mehr als fünf Prozent ihres Investitionsbudgets dafür einzusetzen. Im europäischen Vergleich stehen dazu beispielsweise Dänemark und Norwegen, wo jeder zweite Unternehmer fünf Prozent und mehr investieren möchte.

Nachholbedarf haben österreichische Familienunternehmen und Mittelständler auch bei der Herangehensweise: „Wie unsere Studie zeigt, haben Familienunternehmen in Österreich ein sehr technisches Verständnis der Digitalisierung und gehen diese vor allem durch die Aufrüstung ihrer IT an. Knapp drei Viertel (71 Prozent) haben dabei bereits entsprechende Aufrüstungsmaßnahmen eingeleitet, aber nur 39 Prozent verfolgen auch die Gestaltung einer konkreten Digitalstrategie“, so Experte Krickl.

Das unterstreicht auch der Blick auf die am häufigsten eingesetzten Technologien: Die Chancen Künstlicher Intelligenz zum Beispiel werden in Österreich als sehr gering bewertet, nur 6 Prozent der Unternehmer halten diese Technologie für besonders relevant für ihr Unternehmen – im EU31-Vergleich sind es 23 Prozent. Etwas besser steht es immerhin um die Bedeutung von Robotics (37 Prozent) und das Internet of Things (IoT, 21 Prozent).

„Diese Zahlen zeigen, dass die digitale Transformation in Österreich zu kurz gedacht wird. Der Großteil der heimischen Unternehmen beschäftigt sich nach wie vor mit Fragen rund um die Automatisierung von Prozessen, während Länder wie Deutschland oder die Schweiz schon einen Schritt weiter sind. Hier fragt man sich nicht mehr, ob einzelne Prozesse automatisiert werden können, sondern welche Geschäftsmodelle überhaupt Bestand haben. Auch in Österreich müssen wir in diese nächste Phase übergehen, um im internationalen Vergleich nicht zurückzufallen“, so Krickl.

Das größte Hindernis für die digitale Transformation sehen 39 Prozent der Befragten vor allem in der Gefahr durch Cyber-Angriffe. Das deckt sich zwar mit der DACH-Region (42 Prozent), steht aber im Gegensatz zu den EU31. Hier liegen Cyberrisiken mit 31 Prozent erst an fünfter Stelle und an der Spitze stehen die Kosten und der Arbeitsaufwand.

Die zögerliche Herangehensweise an die digitale Transformation hindert Familienunternehmen sicherlich auch daran, offener mit der Digitalisierung umzugehen und auch auf neue Formen der Zusammenarbeit im Ökosystem zu setzen: Nur 20 Prozent der Firmen können sich beispielsweise eine Qualifizierung der Belegschaft durch Zusammenarbeit mit Startups vorstellen. „Die Öffnung für Kooperationspartner halte ich für eminent wichtig“, empfiehlt Krickl. „Sie können aus der Startup-Szene, anderen Branchen, aber auch aus dem eigenen Markt kommen. Größere Unternehmen machen das zum Teil schon vor, indem sie nach der Devise ‚Gemeinsam ist man stärker‘ agieren, wenn es um Zukunftsthemen und Innovationen geht. Der Wandel vom Hidden Champion zu einer Kultur der Offenheit ist absolut notwendig, um weiter am Markt relevant zu bleiben – hier ist ein Umdenken gefragt.“

In österreichischen Unternehmen werden vor allem Techniker (46 Prozent der Betriebe) und Auszubildende (51 Prozent) händeringend gesucht. Weil es an Fachkräften mangelt, müssen 69 Prozent (Vorjahr: 76 Prozent) der Mittelständler und Familienunternehmer nach wie vor hohe Umsatzeinbußen in Kauf nehmen und können Potenziale nicht ausschöpfen. Bedingt durch den Fachkräftemangel belaufen sich die wirtschaftlichen Verluste auf 10,5 Milliarden Euro pro Jahr.

„Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen leiden wirtschaftlich unter dem akuten Fachkräftemangel – eine Tendenz, die sich weiter verschärfen kann. Und das gilt keineswegs nur für Digitalexperten, wie der Mangel an Handwerkern, Technikern und vor allem auch Auszubildenden zeigt. Besonders angespannt ist die Situation in ländlichen Gebieten. Aufgrund der Urbanisierung ist hier keine Trendwende zu erwarten. Umso mehr gilt es für Familienunternehmen und Mittelständler, dass sie sich selbstbewusst als attraktive Arbeitgeber am Markt präsentieren. Auch ,Hidden Champions‘ sollten in die Offensive gehen. Gerade im Kampf um die besten Talente ist eine gewisse Bekanntheit von Vorteil“, so Krickl.

Die Unternehmensnachfolge langfristig planen
Viele österreichische Familienunternehmen schieben das Thema Unternehmensnachfolge auf die lange Bank. Dadurch gefährden sie oft ihr Lebenswerk. Denn außer der Suche nach einem geeigneten Nachfolger erfordert auch die geordnete Unternehmensübergabe Zeit. Eine häufige Ursache hierfür ist: Den Firmeninhabern fällt das Abschied-nehmen von ihrem Betrieb schwer. Deshalb befassen sie sich ungern mit Fragen wie:

  • Will ich die Macht überhaupt abgeben?
  • Würde ich es ertragen, wenn mein Nachfolger ein besserer (oder schlechterer) Unternehmer als ich wäre?
  • Was fange ich nach dem Ausscheiden mit meiner Zeit an?

Die Folge: Sie haben weder eine klare Perspektive für ihr Unternehmen, noch für ihr Leben nach dem Stabwechsel. Entsprechend wankelmütig sind ihre Beschlüsse, und entsprechend schwer fällt es ihnen, zum Stichtag wirklich loszulassen. Besonders groß ist diese Gefahr, wenn der Nachfolger der Sohn oder die Tochter ist – aufgrund der emotionalen Familienbande. Deshalb sind gerade hier klare Absprachen nötig, wie die Übergabe verläuft.

Den Nachwuchs nicht zur Nachfolge nötigen
Viele Unternehmensübergaben scheitern bereits daran, dass dem Nachfolger die nötige Qualifikation fehlt. Dies ist bei Familienbetrieben besonders häufig der Fall. Denn in ihnen lautet die oberste Maxime bei der Auswahl des Nachfolgers oft: „Hauptsache, mein/unser Lebenswerk bleibt in der Familie.“ Am Anfang jeder Nachfolgeregelung sollte eine genaue Prüfung stehen:

  • Verfügt mein Sohn oder meine Tochter über das nötige Potenzial und die erforderlichen Persönlichkeitsmerkmale, um mittel- oder langfristig den Betrieb zu führen? Und:
  • Ist dessen Übernahme überhaupt mit den Lebensvorstellungen meines Sohns oder meiner Tochter vereinbar?

Erst danach sollte gemeinsam entschieden werden, ob der Nachwuchs in die elterlichen Fußstapfen tritt. Diese Entscheidung sollte, solange die Vorbereitung dauert, eine vorläufige sein. Denn der potenzielle Nachfolger entwickelt sich in dieser Zeit auch persönlich weiter. Das heißt, seine Wünsche, Bedürfnisse und Lebensziele ändern sich oft.

Mit der Planung früh beginnen
Die Vorbereitung auf die Nachfolge sollte mindestens zwei, drei Jahre dauern – abhängig davon,

  • welche Voraussetzungen der potenzielle Nachfolger bereits erfüllt,
  • wie komplex die Geschäftstätigkeit des Unternehmens und herausfordernd die künftige Geschäftsführertätigkeit ist und
  • welche Optimierungsmaßnahmen in operativer, steuerlicher und finanzieller Hinsicht in Zusammenhang mit der Unternehmensübergabe getroffen werden sollen.

Je früher sich Firmeninhaber darüber Gedanken machen, wer ihr Unternehmen weiterführen könnte, umso freier sind sie in ihrer Wahl:

  • Bereite ich eines meiner Kinder oder einen Mitarbeiter langfristig auf die Übernahme vor oder
  • suche ich einen geeigneten Nachfolger von außen?

Erfolgt die Nachfolgersuche hingegen kurzfristig, können sie nur hoffen, einen geeigneten „fertigen“ Nachfolger von außen zu finden – einen Nachfolger zudem, der das nötige „Kleingeld“ hat. Denn dann läuft der Prozess auf einen Unternehmensverkauf hinaus.

Kandidaten gezielt vorbereiten
Bei der Übergabe des Betriebs an potenzielle Nachfolger lassen sich vier Phasen unterscheiden:
• Testphase,
• Qualifizierungsphase,
• Bindungsphase und
• Übergabephase.

Während der Testphase arbeiten der Firmeninhaber und der mögliche Nachfolger mehrere Wochen miteinander im Betrieb, um zu prüfen, ob sie miteinander auskommen. Zeigt sich dabei, dass die Erwartungen zum Beispiel bezüglich Unternehmensführung und -entwicklung unüberbrückbar sind, ist es besser, sich frühzeitig vom gemeinsamen Vorhaben „Nachfolge“ zu verabschieden.

Gelangen beide Seiten hingegen zur Überzeugung „Es könnte gelingen“, beginnt die Qualifizierungsphase. Firmeninhaber und Nachfolger prüfen nun gemeinsam:
• Welche Fähigkeiten und Qualifikationen bringt der künftige Unternehmer bereits mit?
• Welche benötigt er noch? Und:
• Wie kann er diese erwerben?

Das Können ist entscheidend
Das Ziel der Qualifizierung sollte sein: Der Nachfolger erwirbt alle nötigen Kompetenzen, um den Betrieb mit Erfolg zu führen. Das entsprechende theoretische Know-how allein genügt nicht – praktische Erfahrung ist unabdingbar. Ob sich ein Nachfolger aus dem Familienkreis diese Kompetenzen am besten über eine Lehre, verschiedene Praktika und/oder ein Studium aneignet, hängt unter anderem von der Branche, dem Geschäftsfeld des Unternehmens und dessen Größe ab.

Parallel zur Qualifizierung sollten alle finanziellen, steuerlichen und erbrechtlichen Fragen geklärt werden. Dies wird bei Familienbetrieben oft dadurch erschwert, dass Privat- und Betriebsvermögen nicht klar getrennt sind. Zuweilen muss das Unternehmen umgegründet werden, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren – zum Beispiel die des Noch-Inhabers bezüglich einer finanziellen Absicherung nach dem Ausscheiden.

Aus der Interessen-Gemengelage erwachsen oft Konflikte, die wenn sie nicht erkannt und gelöst werden, die innerfamiliären Beziehungen dauerhaft belasten. Deshalb ist es ratsam, externe Berater in den Prozess einzubeziehen.

Verantwortung schrittweise delegieren
Ist die Qualifizierung abgeschlossen und die Übergabe rechtlich unter Dach und Fach, kann die Bindungsphase beginnen. Sie dauert im Idealfall maximal zwei Jahre. Während dieser Phase durchläuft der Nachfolger alle wichtigen Positionen im Betrieb bis auf die des Geschäftsführers. So lernt er die Mitarbeiter und Geschäftspartner kennen und macht sich mit den betrieblichen Abläufen vertraut.

Bei internen Nachfolgen sollte in dieser Phase noch ein Ausstieg möglich sein, wenn sich zum Beispiel zeigt: Wider alle Erwartungen ist der Sohn oder die Tochter für den Job „Unternehmer“ doch ungeeignet. Für externe Nachfolgen gibt es derartige Ausstiegsregelungen eher nicht, denn in der Regel

  • hängt eine Finanzierung an dem Prozess und
  • der scheidende Unternehmer gibt sukzessive die Entscheidungsbefugnisse an den Nachfolger ab, der das Unternehmen somit in dieser Periode bereits nachhaltig verändert.

Auf die Bindungsphase folgt meist nahtlos die Übergabephase. Nun rückt der Nachfolger mit in die Unternehmensspitze. Wenn möglich, sollten „Senior“ und „Junior“ zunächst als Doppelspitze agieren. Dies gelingt am besten, wenn sie sich die Aufgaben teilen.

Wichtig ist in dieser Phase, in der der künftige Chef zwar bereits zur Unternehmensspitze zählt, jedoch oft noch nicht der Inhaber des Betriebs ist, dass er über ausreichend Handlungs- und Entscheidungsspielräume verfügt. Denn wenn der „Junior-Chef“ für jede wichtige Entscheidung im Tagesgeschäft erst das „Okay“ der Eigentümer einholen muss, wird er weder von den Kunden, noch Mitarbeitern ernst genommen. Auch ihn motiviert das nicht.

Das Ausscheiden des Seniors klar terminieren
Die Zeit der Doppelspitze sollte im Vorfeld begrenzt werden. Dauert sie zu lange oder wird ihr Ende immer wieder verschoben, signalisiert dies den Mitarbeitern und Geschäftspartnern:
• Der Nachfolger ist noch nicht genügend kompetent („… und wird es eventuell nie“). Und/oder:
• Der „Senior“ kann nicht loslassen.
Beides erzeugt Misstrauen, schwächt die Position des Nachfolgers und kann den Erfolg des Betriebs nachhaltig gefährden!

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Buchtipp: Unternehmensnachfolge

23.9.2019, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at