Aus dem Regierungsprogramm 2020 – 2024

Die Bundesregierung ändert die Steuer- und Abgabenstruktur. Ziele sind: eine Entlastung der Menschen, eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40%, eine ökologisch-soziale Reform mit Lenkungseffekten zur erfolgreichen Bekämpfung des Klimawandels sowie der Erhalt und Ausbau von Innovationskraft, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft.

Maßnahmen zur Steuerentlastung
• Die Bundesregierung bekennt sich zu einer Entlastung der Menschen in Österreich. Um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Pensionistinnen und Pensionisten, Selbstständige sowie Land- und Forstwirte insbesondere mit geringen und mittleren Einkommen spürbar zu entlasten, sollen die erste, zweite und dritte Stufe des Einkommensteuertarifs reduziert werden: von 25% auf 20%, 35% auf 30% und 42% auf 40%.
• Ausweitung Gewinnfreibetrag: Investitionserfordernis erst ab einem Gewinn von 100.000 Euro.
• KÖSt-Entlastung auf 21%.
• KESt-Befreiung für ökologische bzw. ethische Investitionen (Ausarbeitung eines Konzepts mit klarem Kriterien-Set durch die zuständigen Ministerien für Finanzen und Klima).
• Analog der Begünstigung für Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Kapital eines Unternehmens soll alternativ auch die Möglichkeit geschaffen werden, die Belegschaft am Gewinn zu beteiligen.
• Sicherstellung der sozialen Absicherung für die Landwirtschaft (Erhöhung der Buchführungsgrenze auf 700.000 Euro, Absenkung fiktives Ausgedinge auf 10%, Erhöhung der PV-Beitragsgrundlage für hauptberuflich Beschäftigte bis 27 Jahre, Angleichung der KV-Mindestbeitragsgrundlage auf das ASVG- Niveau).
• 3-Jahres-Verteilung für Gewinne in der Landwirtschaft.
• Einführung eines Gewinnrücktrages für Einnahmen- und Ausgabenrechner analog zur Lösung für Künstlerinnen und Künstler.

Maßnahmen zur ökosozialen Steuerreform
• Flugticketabgabe (deutliche Erhöhung Kurzstrecke, Erhöhung Mittelstrecke, Senkung Langstrecke, Anti-Dumping-Regelung): einheitliche Regelung von 12 € pro Flugticket.
• NoVA ökologisieren (Erhöhung, Spreizung, Überarbeitung CO2-Formel ohne Deckelung).
• Entschlossener Kampf gegen den Tanktourismus und LKW-Schwerverkehr aus dem Ausland: Diese stellen eine massive Belastung der österreichischen Bevölkerung dar. Der Tanktourismus belastet die österreichische CO2-Bilanz. Die Bundesregierung wird alle EU-rechtlich zulässigen Maßnahmen sowie nationale Maßnahmen setzen, um den Tanktourismus zu unterbinden und den LKW-Schwerverkehr zu reduzieren.
• Ökologisierung der bestehenden LKW- Maut (z.B. durch stärkere Spreizung nach Euroklassen).
• Ökologisierung des Dienstwagenprivilegs für neue Dienstwägen (stärkere Anreize für CO2-freie Dienstwägen).
• Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales.

Mit dem zweiten Schritt dieser ökosozialen Steuerreform sollen aufkommensneutral klimaschädliche Emissionen wirksam bepreist und nternehmen sowie Private sektoral entlastet werden. Dieser Schritt erfolgt 2022. Dazu setzt die Bundesregierung unverzüglich eine „Taskforce ökosoziale Steuerreform“ unter der gemeinsamen Leitung des für Klimaschutz zuständigen Ministeriums und des BMF ein. Der von der Taskforce zu erarbeitende Umsetzungsfahrplan orientiert sich an folgenden Punkten:

• Erarbeitung des effizientesten ökonomischen Instrumentes zur schrittweisen Herstellung von Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen in den Sektoren, die nicht dem EU ETS unterworfen sind, z.B. durch CO2-Bepreisung über bestehende Abgaben oder ein nationales Emissionshandelssystem.
• Ermittlung der volkswirtschaftlichen Kosten von CO2-Emissionen als Referenzwert für Kostenwahrheit.
• Erarbeitung eines Implementierungspfades inklusive konkreter Maßnahmen zur Herstel-lung von Kostenwahrheit für CO2-Emissionen, die klare Lenkungseffekte haben, Planbarkeit sicherstellen und die Erreichung der Pariser Klimaziele ermöglichen.
• Ausarbeitung sektoral differenzierter Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Private, um sicherzustellen, dass es keine Mehrbelastungen für die Wirtschaft und für Private gibt, unter Berücksichtigung vorhandener Umstiegsmöglichkeiten, sektoraler Auswirkungen, regionaler Unterschiede der Lebensverhältnisse und sozialer Abfederung bei gleichzeitiger Wahrung des CO2-Lenkungseffekts.
• Schaffung von Wahlmöglichkeiten und Anreizen für den Umstieg für Unternehmen und Private.

Sonstige steuerliche Maßnahmen
• Prüfung einer Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit auf weitere gemeinnützige Organisationen und des Antrags- und Anerkennungsverfahrens für die Spendenabsetzbarkeit mit dem Ziel der Vereinfachung und Prüfung der Voraussetzung der Unmittelbarkeit.
• Steueranreizmodell für die österreichische Filmproduktion.
• Senkung des USt-Satzes für Damenhygieneartikel.
• Forcierung umweltfreundlicher betrieblicher Mobilität von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch steuerliche Begünstigung von Unterstützungsleistungen (z.B. Radfahren, Elektroräder).
• Nachhaltige Besteuerung im Bereich der Tabaksteuer: Die Tabaksteuer für Zigaretten, Feinschnitttabake und Tabak zum Erhitzen soll umstrukturiert bzw. angepasst werden, um auf diese Art und Weise eine nachhaltige Besteuerung dieser Tabakwaren und die wirtschaftliche Existenz der Tabaktrafikantinnen und -trafikanten sicherzustellen. Durch Änderungen im Tabakmonopolgesetz sollen Maßnahmen getroffen werden, welche den Zielsetzungen des Tabakmonopols und der langfristigen Absicherung der Einnahmen der Tabaktrafikantinnen und -trafikanten dienen.

Steuerstrukturreform
• Nach der Regierungsbildung wird eine Arbeitsgruppe im BMF mit der Neukodifizierung des Einkommensteuergesetzes beginnen, damit das Steuerrecht einfacher und fairer wird. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Rechts- und Planungssicherheit und die Ökologisierung des Steuersystems gelegt werden.
• Personengesellschaften: Es sollen die Besteuerung von Personengesellschaften(Mitunternehmerschaften) und das Feststellungsverfahren attraktiviert, vereinfacht und modernisiert werden.
• Zusammenlegung von Einkunftsarten: Zur Vereinfachung sollen die selbstständigen Einkünfte und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu einer Einkunftsart zusammengefasst werden.
• Abzugsfähige Privatausgaben: Um eine bessere Systematik und Übersicht zu erreichen, sollen Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen unter dem Begriff „Abzugsfähige Privatausgaben“ zusammengeführt und vereinfacht werden.
• Die begünstigte Besteuerung des 13. und 14. Monatsbezugs wird im Rahmen der Neukodifizierung unangetastet bleiben.
• Kalte Progression: Prüfung einer adäquaten Anpassung der Grenzbeträge für die Progressionsstufen auf Basis der Inflation der Vorjahre unter Berücksichtigung der Verteilungseffekte.

Einsatz auf internationaler Ebene
• Einsatz für CO2-Zölle auf internationaler und europäischer Ebene: Es braucht weltweit mehr klima- und umweltpolitische Gerechtigkeit. Für Importe in den europäischen Binnenmarkt aus Drittstaaten, die den nötigen Standards im Klima- und Umweltschutz nicht entsprechen, sollten – in Abstimmung mit der Welthandelsorganisation (WTO) – CO2-Zölle eingeführt werden.
• Einsatz für Besteuerung von Kerosin und Schiffsdiesel auf internationaler bzw. europäischer Ebene: Die Bundesregierung strebt eine verursachergerechte Besteuerung von Kraftstoffen im Flugverkehr und in der Schifffahrt an. Dafür ist international bzw. europäisch akkordiertes Handeln nötig.
• Einführung und Fortführung der Initiative zur Financial Transaction Tax (FTT) auf EU-Ebene zielgerecht umsetzen: Die Bundesregierung steht zu dem Ziel, hochspekulative Finanzprodukte, vor allem sogenannte Derivate und „high-frequency trading“-Aktivitäten, stärker zu besteuern. Der momentane Vorschlag der FTT-Gruppe wird diesem Anspruch aber nicht gerecht, sondern benachteiligt heimische Unternehmen am internationalen Kapitalmarkt. Österreich wird sich auf EU-Ebene für die Umsetzung einer zielgerechten FTT einsetzen.

Entlastung der Wirtschaft
• Abschaffung der Mindestkörperschaftsteuer prüfen, um besonders KMU zu entlasten.
• Abschaffung der Schaumweinsteuer.
• Prüfung der Entbürokratisierung bzw. Evaluierung der Regelung zur Einlagenrückzahlung.
• Regelungen im Bereich der Abschreibungsmethoden sollen im Rahmen der Steuerstrukturreform überprüft werden, z.B. steuerliche Abschreibung von ab- nutzbaren Anlagegütern an das Unternehmensgesetzbuch im betrieblichen Bereich angleichen.
• Prüfung der Potenziale zur Senkung der Lohnnebenkosten ohne Leistungsreduktion.

Vereinfachung und moderne Services
• Ausbau des Steuerombudsdienstes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (z.B. Beschwerdewesen im Zusammenhang mit Verfahrensdauern und inhaltliche Meinungsverschiedenheiten).
• Unternehmen sollen einen Rechtsanspruch auf Durchführung einer Betriebsprüfung zur verbesserten Planungs- und Rechtssicherheit haben, soweit es bestehende Prüfkapazitäten zulassen.
• Prüfung von Verfahrensbeschleunigungen bzw. Prozessoptimierungen (z.B. Analyse des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens, schnellere Verfahren beim Bundesfinanzgericht, Möglichkeit zur Schließung des Ermittlungsverfahrens).
• Klare und praktikable Regelungen zur Abgrenzung von Dienst- und Werkverträgen sollen gefunden werden.
• Reduktion der (Einzel-)Meldepflicht für Unternehmen durch automatisierte Übermittlung von meldepflichtigen Daten von der Sozialversicherung an die Statistik Austria und das Bundesministerium für Finanzen unter Wahrung des Datenschutzes.
• Die Prüfungszuständigkeit für Privatstiftungen soll bei der Großbetriebsprüfung angesiedelt werden.
• Modernisierung der Bundesabgabenordnung (BAO) mit dem Ziel der Prozesseffizienz und der Wahrung hoher Qualität (z.B. Reform des Verfahrensrechts, Verkürzung der Verfahrensdauer, Weiterentwicklung/ Einführung von kooperativen Verfahren, begleitende Kontrolle, Ausweitung des Auskunftsbescheids).
• Schaffung einer automatisierten Vorprüfung mit vorgelagerten Kontrollalgorithmen für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, um im Rahmen der Selbstveranlagung das Verfahren zu beschleunigen.
• Neue digitale Angebote der Finanzverwaltung: z.B. Apps für Terminerinnerungen oder mobile Zahlungsmöglichkeiten, Einziehungsauftrag für Abgabenschulden.
• Weitere Modernisierung der Steuer- und Zollverwaltung (strukturelle Reform) unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Digitalisierung (effizientere elektronische Abwicklung).
• Digitaler Datenaustausch auf Basis international anerkannter Standards: Für Unternehmen (insbesondere KMU) wird die technische Möglichkeit zur Übermittlung der Daten des Rechnungswesens für digitale Prüfung geschaffen (auf freiwilliger Basis und unter Wahrung des Datenschutzes).
• Festhalten an Jahressteuergesetzen (einmal im Jahr) – statt wie bisher mehrere Abgabengesetze pro Jahr.
• Evaluierung eines steuerneutralen Rechtsformwechsels von Vereinen zu Genossenschaften.

Bekämpfung des Steuerbetrugs
• Die Bundesregierung bekennt sich dazu, konsequent gegen internationale Steuer- verschiebungen bzw. gegen jede Art von Missbrauch, Steuerbetrug und Steuervermeidung vorzugehen, und wird Steuerrückstände effizient einbringen.
• Festhalten an der eingeführten digitalen Konzernsteuer, zumindest bis internationale Gespräche (auf Ebene der EU und der OECD), die Österreich unterstützt, zur Einführung einer digitalen Betriebsstätte signifikante Fortschritte erzielen.
• Reverse-Charge-System: Österreich wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass nicht nur national, sondern auch international alle Möglichkeiten der Steuervermeidung und des Steuerbetrugs unterbunden werden. Das derzeit gültige Umsatzsteuersystem in der Europäischen Union bietet sehr viele Möglichkeiten für Betrügerinnen und Betrüger. Durch die Einführung des Reverse-Charge-Systems zwischen Unternehmern – in dem Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulden – könnte diese Betrugsmöglichkeit wirksam bekämpft werden.

Das vollständige Regierungsprogramm zum download

24.1.2020, Autor: Michael Pfeiffer / Lexpress / pfeiffer@lex-press.at