Der Absatz von Neuwagen in der EU stieg im Mai nur um knapp ein Prozent, nachdem es im April noch um fast zehn Prozent aufwärts gegangen war. Der Hauptgrund für das geringe Wachstum sind allerdings Kalendereffekte: In den meisten Märkten fehlten im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat ein oder gar zwei Verkaufstage. Im bisherigen Jahresverlauf stieg der Neuwagenabsatz in der EU immerhin um gut zwei Prozent.

PKW-Anstieg in Österreich um 0,4 Prozent im Mai (© pixabay.com)

In den größeren Märkten waren vor allem Polen und Spanien mit Wachstumsraten von sieben Prozent führend. Deutschland gehörte mit einem Minus von knapp sechs Prozent zu den Märkten, die sich am schwächsten entwickelt haben. In Österreich gab es einen leichten Zuwachs von 0,4 Prozent.

„Obwohl es im Mai auf dem EU-Markt kaum noch aufwärts ging, ist die Lage in den meisten europäischen Ländern immer noch gut – immerhin wurde bei weniger Verkaufstagen das höchste Absatzniveau seit zehn Jahren erreicht“, beobachtet Gerhard Schwartz, Partner und Sector Leader Industrial Products bei EY Österreich. „Die Konjunkturerholung in den meisten Ländern ist immer noch intakt, die Beschäftigung steigt und in einigen Ländern besteht angesichts eines hohen Durchschnittsalters der Pkw-Flotte nach wie vor Nachholbedarf.“

Allerdings sieht Schwartz auch zunehmende Risiken für die Automobilkonjunktur: „Es ziehen dunkle Wolken auf. Die politischen Risiken haben zuletzt zugenommen, vor allem für die Eurozone – aufgrund der Schuldenkrise in Italien – und für den transatlantischen Handel“. Ein derzeit nur schwer zu kalkulierendes Risiko für den Neuwagenabsatz sei in diesem Jahr zudem die Umstellung auf den neuen Prüfzyklus WLTP.

Ab September gelten die neuen Regeln für jeden erstmalig zugelassenen Pkw, die offenbar Hersteller, Behörden und Prüfinstitutionen an ihre Grenzen bringen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) berichtet zum Beispiel alleine in Deutschland von aktuell 500 ausstehenden Genehmigungen – einige Modelle sind derzeit bereits nicht mehr bestellbar, was auch Auswirkungen auf die Neuzulassungen in den kommenden Monaten haben wird. Zudem scheinen sich Markteinführungen neuer Modelle zu verzögern.

„Ein derart eingeschränktes Neuwagenangebot dürfte sich in sinkenden Neuzulassungen niederschlagen“, so Schwartz.

Schwartz rechnet vor diesem Hintergrund mit einer eher schwachen zweiten Jahreshälfte, sodass insgesamt in diesem Jahr EU-weit wohl höchstens ein Absatzwachstum von einem Prozent möglich sei.

Absatz von Diesel-Pkw weiter stark unter Druck – vor allem in Deutschland
Im Mai ging der Absatz von Diesel-Neuwagen erneut kräftig zurück: In den fünf größten Absatzmärkten – Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien – sanken die Diesel-Neuzulassungen insgesamt um 20 Prozent.

Am stärksten abwärts ging es in Deutschland (um 27 Prozent) und Großbritannien (um 24 Prozent), den geringsten Rückgang unter den Top 5 Märkten verzeichnete Italien: Dort sanken die Diesel-Neuzulassungen um zehn Prozent. In Österreich gab es einen Rückgang um elf Prozent.

Der Anteil von Dieselfahrzeugen am Gesamtabsatz sank im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat von 46,6 auf 37,7 Prozent – ein Rückgang um 8,9 Prozentpunkte. Derzeit ist der Diesel-Anteil an den Pkw-Neuzulassungen in Italien relativ hoch (51,7%), während Deutschland inzwischen einen besonders niedrigen Diesel-Marktanteil aufweist (31,3%). In Österreich ist die Diesel-Quote mit 41,4 Prozent immer noch vergleichsweise hoch.

„Die Vertrauenskrise ist für den Dieselantrieb längst nicht überwunden. Vertrauensbildende Maßnahmen der Industrie und Politik haben zwar begonnen, werden aber erst mit einer gewissen Verzögerung ihre Wirkung entfalten. Auch wenn neue Dieselmotoren der Euro 6d-Norm sauber, hoch effizient und ein wichtiger Bestandteil einer Strategie zur Senkung der CO2-Emissionen sind, werden viele Kunden bis auf weiteres lieber zu Benzin-Modellen greifen“, erwartet Schwartz. Der anhaltende Abwärtstrend beim Dieselabsatz dürfte dazu führen, dass hohe Strafzahlungen wegen der Nichteinhaltung von CO2-Grenzwerten immer wahrscheinlicher werden – zumal der Marktanteil alternativer Antriebe nur leicht steige.

Von den enormen Einbußen beim Absatz von Diesel-Neuwagen – in den ersten fünf Monaten des Jahres wurden in den fünf größten Märkten etwa 400.000 Diesel-Fahrzeuge weniger verkauft als im Vorjahreszeitraum – profitiert vor allem die Quote der Benzin-Modelle, die um 380.000 Stück zulegte.

Alternative Antriebe legen weiter zu – in Deutschland am stärksten
Aber auch die Verkäufe von Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen zogen an: Seit Jahresbeginn wurden in den Top 5 Märkten gut 244.000 Neuwagen mit Elektro- oder Hybrid-Antrieb zugelassen, 36 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der stärkste Zuwachs wurde in Deutschland verzeichnet: um 66 Prozent auf 64.000. Während Deutschland bei der absoluten Zahl der neu zugelassenen Pkw mit Elektro- oder Hybrid-Antrieb führend ist (vor Frankreich mit 53.000 und Großbritannien mit 37.000), ist der Marktanteil dieser alternativen Antriebsarten im bisherigen Jahresverlauf in Frankreich (5,7%) am höchsten – vor Spanien (5,3%) und Deutschland (4,2%).

In Österreich gab es einen Anstieg um zwölf Prozent auf rund 5.600 – der Marktanteil liegt damit bei 3,6 Prozent.

Reine Elektroautos sind allerdings nach wie vor absolute Exoten: Gerade einmal 55.000 Stück wurden in den Top 5 Märkten in den ersten fünf Monaten des Jahres neu zugelassen – das entspricht einem Marktanteil von 1,1 Prozent (Vorjahr: 0,8 Prozent).

„Wir sehen zwar ein deutlich steigendes Interesse an Hybrid- und auch Elektromodellen, allerdings warten einige potenzielle Kunden auf die angekündigten attraktiven, neuen Modelle. Zudem besteht immer noch erheblicher Nachholbedarf bei der Ladeinfrastruktur. Vor diesem Hintergrund rechnen wir erst für die Jahre ab 2020 mit einem echten Boom bei den Elektroautos“, so Schwartz.

15.6.2018, EY Automotive Analyse 5/2018 / www.ey.com