© Michael Pfeiffer

Auf dem europäischen Neuwagenmarkt stehen die Zeichen weiter auf Wachstum: Um gut sieben Prozent stieg EU-weit die Zahl der Pkw-Neuzulassungen im Januar. Damit kletterte der Absatz auf den höchsten Januar-Stand seit zehn Jahren – zuletzt waren im Januar 2008 mehr Neuwagen verkauft worden. Dabei spielen allerdings auch Kalendereffekte eine Rolle – in einigen Ländern hatte der Januar ein bzw. zwei Verkaufstage mehr als im Vorjahr.

Aufwärtstrend am europäischen Neuwagenmarkt setzt sich fort
Wachstumstreiber waren vor allem Spanien, Polen, die Niederlande und Deutschland mit jeweils zweistelligen Zuwachsraten – wobei in Deutschland derzeit die Umtauschprämien für ältere Dieselfahrzeuge die Nachfrage künstlich in die Höhe treiben. Auch der österreichische Absatzmarkt entwickelte sich mit einem Plus von 8,4 Prozent überdurchschnittlich stark.

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Ein Wermutstropfen ist die anhaltende Krise auf dem britischen Markt, wo im Januar der zehnte Rückgang in Folge zu verzeichnen war. „In Großbritannien wirft der Brexit seine Schatten voraus – sowohl das Unternehmervertrauen als auch die Konsumbereitschaft der Privatverbraucher ist gesunken, was sich in stark rückläufigen Zulassungen niederschlägt. Dieser Abwärtstrend dürfte sich im weiteren Jahresverlauf fortsetzen“, erwartet Gerhard Schwartz, Partner und Sector Leader Industrial Products bei EY Österreich.

Insgesamt bleiben die Aussichten für den europäischen Absatzmarkt aber gut, so Schwartz: „Die gute Konjunktur, eine steigende Beschäftigung und ein in einigen Ländern nach wie vor hoher Nachholbedarf sorgen für einen stabilen Aufwärtstrend auf dem europäischen Automarkt. Für das Jahr 2018 rechnen wir daher mit einem Absatzwachstum von etwa zwei Prozent.“

Absatz von Diesel-Pkw gerät immer stärker unter Druck
Bei Diesel-Neuwagen hielt der Negativtrend dagegen auch im Januar an und verschärfte sich auf einigen Märkten sogar weiter: In den fünf größten Absatzmärkten – Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien – sanken die Neuzulassungen von Selbstzündern insgesamt um zwölf Prozent, in Deutschland lag das Minus bei 18 Prozent, in Großbritannien sogar bei 26 Prozent. In Österreich lag das Minus bei 13 Prozent.

Damit schrumpft der Diesel-Anteil in den Top-5-Neuwagenmärkten um durchschnittlich 7,8 Prozentpunkte auf 40,7 Prozent, in Österreich um 10,7 Punkte auf 43,3 Prozent. Noch massiver fielen die Einbußen in Spanien und Deutschland aus, wo der Diesel-Marktanteil um 10,9 bzw. 11,8 Prozentpunkte einbrach.

Einzig in Italien bleiben die Neuwagenkäufer dem Diesel bislang treu: Hier stieg der Absatz von Diesel-Neuwagen sogar um vier Prozent, der Marktanteil legte um 0,2 Prozentpunkte zu.

Zumindest in den anderen großen Märkten – Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien – rechnet Schwartz aber mit einem weiteren Rückgang des Diesel-Marktanteils im kommenden Jahr: „Der Dieselantrieb steht massiv unter Druck – viele potenzielle Käufer sind angesichts der öffentlichen Diskussion über zu hohe Schadstoffemissionen verunsichert und befürchten Fahrverbote und sinkende Wiederverkaufswerte. Im Kleinwagen- und Kompaktsegment ist der Dieselantrieb längst auf dem Rückzug – neue saubere Dieselmotoren haben wohl in erster Linie im Top-Segment und bei SUV weiter eine Chance – zumindest als Übergangstechnologie.“

Angesichts des starken Rückgangs der Diesel-Verkäufe zeichnet sich ab, dass viele Hersteller massive Probleme haben werden, die ab dem Jahr 2021 geltenden CO2-Grenzwerte einzuhalten. Nach diesen darf die Neuwagenflotte eines Herstellers im Schnitt nur noch maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Die Autohersteller sind auf Dieselfahrzeuge angewiesen, um ihre Flottenemission zu reduzieren. In Deutschland war der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Neuwagen zuletzt um 0,5 Prozent auf 128,4 g/km gestiegen. „Die Krise beim Dieselabsatz macht hohe Strafzahlzungen immer wahrscheinlicher“, so Schwartz.

Alternative Antriebe legen weiter zu
Auf niedrigem Niveau werden dafür alternative Antriebe, die bei der Einhaltung der Grenzwerte eine wichtige Rolle spielen können, immer beliebter. Im Januar stieg der Absatz von Neuwagen mit einem Elektro- oder Hybridantrieb in den fünf größten EU-Märkten erneut kräftig – um 42 Prozent, in Österreich um 34 Prozent. Damit kletterte der gemeinsame Neuwagen-Marktanteil dieser alternativen Antriebsformen in den fünf größten Absatzmärkten von 3,8 auf 5,2 Prozent, wobei Hybride mit einem Marktanteil von 4,2 Prozent deutlich vor reinen Elektroautos (1,0 Prozent) liegen. In Österreich kommen die beiden Antriebsarten auf einen gemeinsamen Marktanteil von 4,3 Prozent.

Das stärkste Wachstum war in Deutschland zu verzeichnen, wo die Neuzulassungen von Hybrid- und Elektroneuwagen um 98 Prozent zulegten. Den höchsten Marktanteil dieser Antriebsformen verzeichnet hingegen Spanien mit 6,5 Prozent – in Deutschland liegt er bei 4,4 Prozent.

Mehrere Faktoren sprechen für einen weiteren Anstieg der Verkaufszahlen von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, erklärt Schwartz: „Die Auswahl an praktikablen Elektroautos steigt, und die Ladeinfrastruktur wird immer besser. Zudem sorgt die allgemeine Diskussion über mögliche Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotoren für ein Umdenken bei immer mehr Menschen. Gerade das Thema Elektromobilität gewinnt gerade deutlich an Fahrt, und die Autokonzerne werden in den kommenden Jahren massiv in diese Technologie investieren.“

15.02.2018, www.ey.com/at/de/