Im Zeitalter der Digitalisierung soll auch die elektronische Kommunikation zwischen Unternehmen und Behörden (Verwaltungsbehörden und Gerichten) ausgebaut werden. War die elektronische Zustellung bisher die Ausnahme, soll sie künftig zur Regel werden.

Unternehmen sind bis auf wenige Ausnahmen spätestens mit 01.01.2020 zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet. (Bild: pixabay)

Unternehmen trifft an sich bereits seit 01.12.2018 eine gesetzliche Verpflichtung, elektronische Zustellungen von Behörden entgegenzunehmen. Unternehmen müssen allerdings nicht mit elektronischen Zustellungen von Behörden rechnen (mit wenigen Ausnahmen wie den für Rechtsanwälte verpflichtenden „Web-ERV“); dies liegt daran, dass es für Behörden bisher praktisch nicht möglich ist, elektronische Zustellungen vorzunehmen, weil das für die elektronische Zustellung geschaffene „Teilnehmerverzeichnis“ erst ab 01.12.2019 herangezogen wird. Unternehmen können bis 31.12.2019 einer elektronischen Zustellung auch (noch) widersprechen.

Mit 01.01.2020 ist die elektronische Zustellung für Unternehmen (mit wenigen Ausnahmen) allerdings verpflichtend. Sofern Unternehmen die elektronische Zustellung noch nicht eingerichtet haben, müssen sie daher zeitnahe die notwendigen Voraussetzungen schaffen und die internen Prozesse so organisieren, dass elektronische Zustellungen von Behörden empfangen und bearbeitet werden können.

Verpflichtung für Großteil der Unternehmen
Die Verpflichtung zur Entgegennahme von elektronischen Zustellungen wurde bereits durch das Deregulierungsgesetz 2017 (BGBl I Nr. 40/2017) und die damit verbundene Einführung von § 1b E-Government-Gesetz („E-GovG“) geschaffen. Durch den Verweis auf die weite Definition der Unternehmen in § 3 Z 20 Bundesstatistikgesetz 2000 trifft die Verpflichtung grundsätzlich alle Unternehmen in Österreich unabhängig von ihrer Größe (zu den Ausnahmen sogleich). Neben Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften sind damit auch natürliche Personen wie Einzelunternehmer, freie Dienstnehmer und freiberuflich Tätige (etwa Ärzte) erfasst.

Obwohl der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien [https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_01457/fname_579068.pdf] mit den Änderungen des E-GovG eine Serviceverbesserung sowie eine Entlastung von Unternehmen erreichen will, trifft die Unternehmen mit 01.01.2020 eine neue Verpflichtung.

Mit dem reinen Empfang von Dokumenten sind keine Kosten verbunden, weil die Einrichtung des für die elektronische Zustellung maßgeblichen elektronischen Postfachs kostenlos ist und die meisten Unternehmen (schon wegen der alltäglichen E-Mail-Kommunikation) ohnehin über eine entsprechende IT-Ausstattung verfügen.

Ausnahmen von der Verpflichtung
Ab 01.01.2020 sind von der Verpflichtung zur Entgegennahme von elektronischen Zustellungen nur mehr Unternehmen ausgenommen,

  • denen die elektronische Zustellung nicht zumutbar ist, weil sie nicht über die erforderlichen technischen Voraussetzungen (keine internetfähige Hardware wie PC, Laptop, Tablet, Smartphone) oder über keinen Internetzugang verfügen,
  • die wegen des Unterschreitens der Umsatzgrenze (aktuell EUR 30.000,-) nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind.

Funktionsweise der elektronischen Zustellung
Die elektronische Zustellung erfolgt künftig über ein zentrales Online-Postfach für elektronische Dokumente. Wesentliche Voraussetzungen sind die Registrierung sowie die Einrichtung des sogenannten Unternehmensserviceportals „USP“ [https://www.usp.gv.at]. Sobald das Unternehmen bei einem elektronischen Zustelldienst angemeldet ist und das USP sowie das elektronische (Online-) Postfach eingerichtet hat, kann es Schriftstücke von Behörden und anderen Unternehmen über das kostenlose elektronische Postfach empfangen.

Wenn ein elektronisches Dokument einlangt, erhält das Unternehmen eine Verständigung per E-Mail oder SMS. Danach kann es das Dokument herunterladen, weiterleiten, ausdrucken und archivieren. Unternehmen können auch Zeiträume hinterlegen, in denen sie „abwesend“ sind, Dokumentenformate bestimmen, die sie empfangen können, und Verschlüsselungszertifikate hinterlegen, die eine vollinhaltliche Verschlüsselung ermöglichen. Nähere Informationen bietet insbesondere die Informationsplattform digitales Österreich [https://www.digitales.oesterreich.gv.at/elektronische-zustellung3].

Je nachdem, ob ein Zustellnachweis erforderlich ist oder nicht, kommen für elektronische Zustellungen folgende Zustellsysteme in Frage:

  • Elektronische Zustelldienste (§§ 29 ff ZustG für Zustellungen mit und ohne Zustellnachweis)
  • Elektronischer Rechtsverkehr (ERV) (§ 28 Abs 2 ZustG iVm 89a ff GOG; vor allem für Rechtsanwälte relevant)
  • Elektronisches Kommunikationssystem einer Behörde (individuelle Zustelllösungen bzw. Plattformen einzelner Behörden, die Zustellungen ohne Zustellnachweis ermöglichen) (§ 37 ZustG)
  • Finanzonline (§§ 98 ff BAO; für Zustellungen von Finanzbehörden)
  • E-Mail (§ 37 ZustG; nur eingeschränkt sowie nur für Zustellungen ohne Zustellnachweis)

Elektronische Zustelldienste
Aktuell (Stand Oktober 2019) sind folgende elektronischen Zustelldienste zugelassen:

  • https://zustelldienst.briefbutler.at Hpc DUAL ZustellsystemeGmbH (zugelassen mit Bescheid vom 19.02.2017)
  • https://www.eversand.at / sendhybrid ÖPBD GmbH vormals exthex GmbH (zugelassen mit Bescheid vom 11.02.2014)
  • https://meinbrief.zustellung.gv.at / Österreichische Post AG vormals Online Post Austria GmbH vormals Electronic Bill Presentment and Payment GmbH (zugelassen mit Bescheid vom 25.06.2010)
    https://www.brz-zustelldienst.at / Zustellservice/processor Bundesrechenzentrum GmbH (zugelassen mit Bescheid vom 03.03.2009)

Recht auf elektronischen Verkehr
Das E-GovG hat für Unternehmen ab dem 01.01.2020 auch das „Recht auf elektronischen Verkehr“ eingeführt; dies gilt in jenen Angelegenheiten, in denen der Bund Gesetzgebungskompetenz hat, worunter auch der elektronische Verkehr und generell Zustellungen fallen. Unternehmen können daher künftig elektronische Zustellungen von Behörden einfordern. Ausgenommen davon sind nur Angelegenheiten, die „nicht geeignet“ sind, elektronisch besorgt zu werden.

Verpflichtung und mögliche Nachteile
Obwohl die elektronische Zustellung für Unternehmen verpflichtend ist, sind (noch) keine Verwaltungsstrafen für Unternehmen vorgesehen, die nicht an der elektronischen Zustellung teilnehmen. Sofern keine elektronische Zustellmöglichkeit an ein Unternehmen besteht, wird die Behörde eine postalische Zustellung vornehmen. Es ist allerdings fraglich, ob die Behörde tatsächlich zu einer postalischen Zustellung verpflichtet ist. Im Fall des Unterbleibens einer postalischen Zustellung besteht für Unternehmen das Risiko, dass behördliche Entscheidungen (etwa Bescheide von Verwaltungsbehörden) als zugstellt gelten, obwohl das Unternehmen diese tatsächlich nicht erhalten hat; dies kann zu negativen Folgen für das Unternehmen führen.

Handlungsbedarf für Unternehmen
Unternehmen müssen die technischen Voraussetzungen schaffen, elektronisch zugestellte Dokumente empfangen zu können. Wesentliche Schritte dafür sind die Registrierung sowie die Einrichtung des USP samt berechtigter und verantwortlicher Personen (USP-Administratoren und USP-Postvollbemächtigten).

Unternehmen müssen überdies interne Prozesse schaffen, die sicherstellen, dass die zugestellten Dokumente regelmäßig und zeitnahe abgerufen sowie bearbeitet bzw. zur weiteren Bearbeitung an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden.

Zusammenfassung sowie Praxistipps für Unternehmen
Unternehmen sind bis auf wenige Ausnahmen spätestens mit 01.01.2020 zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet.

Ausnahmen gibt es nur für Unternehmen

  • denen eine Teilnahme an der elektronischen Zustellung (mangels Computer, Tablet, Smartphone etc. oder Internetzugang) nicht zumutbar ist,
  • die wegen Unterschreitens der Umsatzgrenze (aktuell EUR 30.000,-) nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind.

Nimmt die Behörde keine postalische Zustellung vor, können Erledigungen wie Bescheide wirksam zugestellt werden, ohne dass das Unternehmen Kenntnis erlangt, womit negative Folgen verbunden sein können.

Unternehmen sollten daher möglichst rasch folgende Schritte setzen

  • Registrierung bei einem der zugelassenen elektronischen Zustelldienste bis 30.11.2019 und damit verbundene Registrierung beim USP, um elektronische Zustellungen mit Zustellnachweis empfangen zu können (ab 01.12.2019 ist eine Registrierung ausschließlich über das USP möglich).
  • Einrichtung von USP-Administratoren und USP-Postvollbemächtigten, die für das Unternehmen Zustellungen abrufen können.
  • Einrichtung einer E-Mail-Adresse, die täglich abgerufen wird (diese dient der gesammelten Benachrichtigung darüber, dass neue Dokumente elektronisch zugestellt wurden).
  • Schaffung interner Prozesse, die sicherstellen, dass die zugestellten Dokumente regelmäßig und zeitnahe abgerufen und bearbeitet bzw. zur weiteren Bearbeitung an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden.
  • Schaffung von internen Prozessen, welche sicherstellen, dass bei auch bei der Abwesenheit oder beim Ausscheiden von Mitarbeitern elektronische Zustellungen abgerufen und bearbeitet werden.

4.11.2019, Autor: Thomas Ortmaier / www.fwp.at