Die Aktualität des Themas „Bürgerbeteiligung in der Wasserwirtschaft“ ist gerade heuer evident: Einerseits gab es zu Jahresbeginn eine enorme Trockenheit, und erst die Niederschläge im Mai und im Juni sorgten in weiten Teilen Österreichs bei den großen Grundwasserporengebieten für leichte bis starke Anstiege der Grundwasserspiegellagen.

„Das Prinzip aller Dinge ist Wasser; aus Wasser ist alles, und ins Wasser kehrt alles zurück.“
(Thales von Milet, um 625–545 v. Chr., griechischer Philosoph und Mathematiker, einer der Sieben Weisen), Bild: pixabay

Zweitens kam und kommt es immer wieder zu Fällen wie jenem unmittelbar vor Redaktionsschluß, als zwei Hausbrunnen in der Gemeinde Ohlsdorf, ein Hausbrunnen in der Marktgemeinde Regau sowie eine Quelle in der Gemeinde Pinsdorf mit Pestiziden über den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung belastet waren.

Wasser ist eben eine unentbehrliche Ressource, die maßgeblich das Leben von Mensch, Natur und Wirtschaft beeinflusst. Österreich zählt zu den wasserreichsten Regionen der Welt und braucht zwingend ein umfassendes Wassermanagement im Rahmen einer nachhaltigen Wasserwirtschaft für zielgerichtete, menschliche Eingriffe auf das ober- und unterirdische Wasser bezüglich Menge, Güte und Ökologie. Dabei steht die Bewirtschaftung von Wasser andauernd im Spannungsfeld der Auseinandersetzung zwischen Natur und Mensch und bedarf eines Interessenausgleichs nach ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Im Laufe der Geschichte wasserwirtschaftlicher Praktiken wurde deutlich, dass Top-down-Regulierungen ohne signifikante Einbeziehung von Stakeholdern mit einer Reihe von Nachteilen verbunden sind – auch in Österreich. Um einen optimalen Einsatz aller Kräfte und Geldmittel zu gewährleisten, sollten daher alle „Wasserakteure“ mit ins Boot geholt werden: Kommunen, Behörden, Ver- und Entsorger, Wasserverbände, Industrie, Landwirtschaft, Fischerei, sowie Tourismus- und Naturschutzverbände. Auch die Beteiligung der betroffenen und interessierten Öffentlichkeit ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bestandteil bei gewässerbezogenen Planungen geworden.

Ein Erfolgsmodell
Während sich Bürgerbeteiligungsmodelle in anderen Bereichen der Gesellschaft erst in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten etabliert haben, finden sich solche in der Wasserwirtschaft bereits seit mehr als 150 Jahren. Dabei übernehmen tausende Österreicher – in Wassergenossenschaften organisiert – tagtäglich ehrenamtlich wichtige Aufgaben der Wasserwirtschaft. Sei es die Versorgung der Mitglieder mit Trinkwasser, die geordnete Ableitung und Reinigung von Abwässern, die Betreuung von Regulierungswasserbauten, die Regelung des Boden-Wasserhaushaltes zur Sicherstellung bewirtschaftbarer Flächen bzw. deren Bewässerung für die heimische Lebensmittelproduktion oder der Schutz vor Naturgefahren. Allein in Oberösterreich prägen mittlerweile rund 1.900 Wassergenossenschaften das Organisationsbild für H2O und sind im Sinne einer funktionierenden Wasserwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Nur in 52 oberösterreichischen Gemeinden gibt es keine Wassergenossenschaft. Dass es sich dabei durchaus um eine Organisationsform der Zukunft handelt, zeigen die Zahlen deutlich auf: Alleine im Jahr 2019 haben sich 35 neue Wassergenossenschaften in Oberösterreich gebildet.

Besonders herausfordernd ist wie eingangs erwähnt die zunehmende Trockenheit, die in ganz Österreich in den letzten Jahren verstärkt festgestellt wurde. Die „Gegenmaßnahmen“ der heimischen Trinkwassergenossenschaften sind u.a. die Erschließung weiterer Wasserspender, das Eingehen von Kooperationen oder die Errichtung von Notverbindungen.

Verstärkt betroffen sind auch die vielen Besitzer von Hausbrunnen, die in den Sommermonaten verstärkt auf Wasserlieferungen – die sich in der Regel auf eine bloße Nutzwasserbereitstellung beschränken – angewiesen sind. Dabei stellt im Bereich der Hausbrunnen eine quantitative Einschränkung nur einen Problembereich dar. In vielen Fällen ist auch die Trinkwasserqualität des aus den Hausbrunnenanlagen gewonnenen Wassers nicht gegeben, was auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen ist.

WasserHandlungsBedarf
Wie die Jahresauswertung 2019 der Aktion „Für unser Trinkwasser unterwegs“ ergeben hat, entsprechen aktuell in Oberösterreich nur 16 Prozent (!) von mehr als 1.300 untersuchten Hausbrunnen sowohl in bautechnischer Hinsicht als auch im Hinblick auf das daraus gewonnene Trinkwasser.

Hier versucht man durch eine Neuausrichtung der Landesaktion, die Bewusstseinsbildung zu intensivieren. Die Teilnehmer an dieser Untersuchungsaktion sollen demnach noch besser darüber informiert werden, welche Lösungsmöglichkeiten es ihrem konkreten Einzelfall gibt. Dabei spielt neben der Versorgungssicherheit auch der wirtschaftliche Aspekt eine wichtige Rolle. Denn häufig ergibt sich nach Abwägen aller Umstände, dass die Errichtung einer gemeinsamen Versorgungsanlage die bessere Option für die Betroffenen darstellt. Durch die Einrichtung der Sonderförderung „Trockenheit“ konnten und können hier wichtige Anreize zur Schaffung gemeinsamer Versorgungsinfrastrukturen geschaffen werden.

„Es ist schade, daß es keine Sünde ist Wasser zu trinken, rief ein Italiener, wie gut würde es schmecken.“ (Georg Christoph Lichtenberg, 1742–99)

Das bringt Wasserwirtschaft
• öffentliches Interesse für das Thema Wasser
• effektive Umsetzung von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen
• konstruktiver Dialog zwischen allen „Wasserakteuren“
• komplexe Materie erfordert viel Wissen, das oft personenbezogen ist – Beteiligung ermöglicht wertvollen Zugewinn von Wissen für die Beteiligten
• erhöhte öffentliche Akzeptanz und Unterstützung für wasserwirtschaftliche Maßnahmen.

Beteiligung der Öffentlichkeit an Wasserprojekten
• Flussgebietsmanagement: interdisziplinärer Ansatz der Raumplanung, der eine ganzheitliche, einzugsgebietsbezogene Betrachtungsweise zur Bewirtschaftung eines Flussgebiets verfolgt. Alle Faktoren, die ein Gewässer positiv oder negativ beeinflussen, werden berücksichtigt.
• Hochwasserschutz: Summe aller Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung als auch von Sachgütern. Die Ursachen für Hochwasser sind vielfältig – fest steht, dass menschliche Eingriffe in natürliche Wasserkreisläufe (z.B. Gewässerregulierung und Versiegelung des Bodens, Klimawandel) das Ausmaß und die Intensität von Hochwasser erhöhen und beschleunigen.

10.11.2020 / Autor: Paul Christian Jezek / p.jezek@lex-press.at