„Geschäftsführer sind jetzt mehr denn je gefordert, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Wenn das Unternehmen in eine finanzielle Schräglage gekommen ist, dann gilt: Fakten auf den Tisch legen und erforderlichenfalls den Insolvenzantrag stellen.“ (Bild: pixabay.com / Ryan McGuire)

Das Auslaufen der Corona-Staatshilfen kann ab der Jahresmitte für viele Unternehmen den Konkurs bedeuten.

Viele Firmen haben in den vergangenen Monaten von den Corona-Staatshilfen profitiert, die Insolvenzen sind laut dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) 2020 sogar um mehr als 40 Prozent zurückgegangen und erreichten damit einen historischen Tiefstand.

Noch bis Ende Juni war die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen bei Überschuldung ausgesetzt, doch ab dem zweiten Halbjahr und mit Auslaufen der Staatshilfen erwarten Experten eine Insolvenzwelle. Wenn Zulieferer, Geschäftspartner oder Kunden angesichts der Krise ins Trudeln kommen, kann diese auch gesunde Firmen treffen – im schlimmsten Fall endet es für sie in einem Anschlusskonkurs.

„Die Republik hat Milliarden an Geld vorgeschossen. Viele Unternehmen, die vorher schon angeschlagen waren, wurden ,durchgefüttert’, sie werden die ersten sein, die eine Insolvenz anmelden müssen und das hat möglicherweise auch Folgen für gesunde Unternehmen – es droht ein Dominoeffekt“, warnt Helmut Tenschert, selbstständiger Berater für Versicherungsmakler.

Walter Strobl, CEO des Inkassounternehmens INKO Inkasso GmbH und Vorstandsmitglied im IVÖ (Inkassoverband Österreich): „Bei gesunden Unternehmen lauert die Gefahr in der Lieferkette und im Bestand – also bei Kunden, Lieferanten und Partnern, die ich oft gut kenne und von denen in normalen Zeiten kein Risiko ausgeht. Durch die Corona-Pandemie ergibt sich aber eine andere Risiko-Dynamik und es kann durch bisher stabile Partner eine plötzliche und unerwartete Gefahr für mich selbst entstehen.“

Geschäftsführer haftet mit gesamtem Privatbesitz
Den Experten zufolge werden die Masseverwalter im Falle eines Konkurses den Fokus vermehrt auf die Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers legen. Dieser ist verpflichtet, bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anzuwenden und im Wohle des Unternehmens zu handeln. Wird diese Sorgfaltspflicht nicht eingehalten oder war sein vorbeugendes Risikomanagement ungenügend, so haftet der Manager für den eingetretenen Schaden mit seinem privaten Vermögen.

„Die Geschäftsführung ist kein Ehrenamt, es ist eine Aufgabe, die mit Verantwortung und Pflichten einhergeht. Ein Geschäftsführer muss betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse haben, ist das nicht der Fall, kann er nicht mit der gebotenen Sorgfalt handeln und begibt sich in ein Minenfeld, in dem Haftungen drohen“, warnt Laurenz Strebl, Rechtsanwalt mit Fokus auf Unternehmens- und Wirtschaftsrecht. „Geschäftsführer sind jetzt mehr denn je gefordert, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Wenn das Unternehmen in eine finanzielle Schräglage gekommen ist, dann gilt: Fakten auf den Tisch legen und erforderlichenfalls den Insolvenzantrag stellen.“

Das bestätigt Versicherungsexperte Tenschert: „Die Haftung des Geschäftsführers ist persönlich und unbegrenzt und der erste, auf den im Zuge einer Insolvenz gegriffen wird, wird der Geschäftsführer sein. Es ist daher in seinem eigenen Interesse, vorausschauend und verantwortungsbewusst zu agieren.“

Prozesse hinterfragen und Bestandskunden überprüfen

Doch was können Firmen und ihre Geschäftsführer tun, um gut auf die Insolvenzwelle vorbereitet zu sein und mögliche Risiken zu minimieren?

„Wichtig ist jetzt, vorhandene, interne Prozesse zu kontrollieren und zu hinterfragen, denn durch die Corona-Pandemie ist vieles anders als zuvor“, empfiehlt Strobl. „Bestehende Kunden sollten überprüft und auf Alarmsignale hinsichtlich Zahlungsverhalten geachtet werden – ein sauberes Forderungsmanagement ist essenziell. Empfehlenswert ist auch die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern oder die Verwendung von Monitoring-Tools, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.“

„Viele Unternehmen sind unmittelbar von ihren Geschäftspartnern abhängig – bricht hier die Lieferkette ab, gefährdet dies die eigene Geschäftsfähigkeit“, sagt Roland P. Wallner, Senior Key Account Manager bei CRIF Austria. „Je früher man entsprechende Warnsignale erkennt, desto eher lässt sich die eigene Existenz nachhaltig absichern.“

Eine Portfolioanalyse des Kundenstammes hilft dabei, das aktuelle Risiko bei Bestandskunden und Partnern richtig einzuschätzen. Laufendes, automatisiertes Monitoring sorgt zusätzlich dafür, Veränderungen von Geschäftspartnern frühzeitig zu erkennen, so dass rasch und proaktiv gegengesteuert werden kann.

Für den Geschäftsführer gilt laut Rechtsanwalt Laurenz Strebl daher zusammengefasst: Sich in Eigeninitiative mit betriebswirtschaftlichen Maßnahmen und rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen, die Sorgfaltspflichten genau einhalten und die Hilfe von Experten hinzuziehen.

23.7.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at