Digitalisierung, Ökologisierung und Arbeitsmarkt wichtige Schwerpunkte für zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort Österreich. (Bild: pexels.com)

„Wettbewerbsfähigkeit ist das Um und Auf. Das müssen wir auf den letzten Metern dieses Pandemie-Marathons im Blick haben, wenn es jetzt um Konzepte geht, wie der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt aus der Krise kommt“, verlangt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV). Mit dem „Comeback-Plan“ der Bundesregierung gelte es nicht nur, an die Entwicklung von 2019 anzuschließen – „wir müssen darüber hinauswachsen“. Die drei im Plan skizzierten Schwerpunkte Standort bzw. Standortattraktivität, Klima und Ökologie sowie Arbeitsmarkt seien dabei „zentrale Hebel, um Österreich mit neuer Dynamik in die Zukunft zu führen“, so der IV-Präsident.

Einerseits brauche es dazu weiterhin investitionsstärkende Maßnahmen wie die Investitionsprämie, die sich mit einem ausgelösten Investitionsvolumen von rund 40 Mrd. Euro als sehr erfolgreich erwiesen habe.

Andererseits müsse man auf eigenkapitalstärkende und entlastende Maßnahmen, wie etwa die im Regierungsprogramm festgelegte KÖSt-Senkung auf 21 Prozent, setzen. „Das würde einen unheimlichen Investitionsschub bringen, den wir dringend brauchen“, hofft Knill. „Denn die einzig nachhaltige Methode, die Krisenschulden zurückzuverdienen, liegt in investitionsgetriebenem Wachstum und nicht in neuen Belastungen.“

Ziel müsse es zudem sein, so viele Menschen wie möglich wieder in Beschäftigung zu bringen. Eine auf zwei Jahre befristete Lohnnebenkosten-Entlastung bei Neueinstellungen könne zu einer Dynamisierung des Arbeitsmarktes beitragen. Generell gelte es aber, auch bei den Lohnnebenkosten auf ein international verträgliches Niveau zu kommen. Die Weltwirtschaft werde heuer immerhin um sechs Prozent wachsen – so stark, wie seit 50 Jahren nicht mehr. „Daran müssen wir teilhaben. Das geht aber nur, wenn wir als Standort wettbewerbsfähig und zukunftsfit sind“, so der IV-Präsident.

Megatrends für Österreich
„Zukunftsfit“ bedeute, Megatrends zu erkennen und entsprechend zu handeln. Die für Österreich vorgesehenen 3,5 Mrd. Euro aus dem EU-Wiederaufbauplan müssten daher sinnvoll eingesetzt werden. Darin seien auch viele neue Projekte enthalten. Schwerpunktmäßig gehe es dabei um Digitalisierung und Klimaschutz. Gerade das Thema neue Technologien sei wesentlich, wenn es um den Klimaschutz geht, „zu dem wir uns als österreichische Industrie voll und ganz bekennen. Wir haben massiv in den Klimaschutz investiert und haben heute weltweit die klimafreundlichste Produktion. Das heißt nicht, dass wir nicht noch einen weiten Weg vor uns haben. Umso mehr müssen wir in neue Konzepte und Technologien investieren – und brauchen dafür keine neuen Belastungen, sondern die notwendige Unterstützung sowie wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen“.

Zukunftskonzepte, wie jene des Unternehmers Siegfried Wolf für MAN in Steyr, seien zudem wichtig, um einen Standort nachhaltig und zukunftsfit weiterzuentwickeln. „Der gesamte Automotive-Sektor wird sich wandeln. Umso mehr brauchen wir private Investoren, die bereit sind, in diesen Wandel privates Geld und vor allem Ideen zu investieren. Der Staat kann das in dieser Form nicht leisten.“ Es sei daher im Interesse der Beschäftigten wie auch der gesamten Region, auf eine Rückkehr an den Verhandlungstisch zu hoffen.

„Am Beispiel MAN zeigt sich einmal mehr, wie wichtig eine wettbewerbsorientierte Standortpolitik ist, die wir gerade jetzt so dringend brauchen“, appelliert der IV-Präsident an alle Beteiligten für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch, um den MAN-Produktionsstandort in Steyr zu retten. „Es braucht eine kluge und vor allem auch betriebswirtschaftlich nachhaltige Lösung. Das Werk hat eine übergeordnete wirtschaftliche und soziale Bedeutung für die ganze Region. Wenn weitere Gespräche dazu führen, dass der Standort Steyr weitergeführt werden kann, sollte diese Möglichkeit unbedingt genutzt werden.“ Wesentlich sei, dass die aktuelle Diskussion vor allem von Sachlichkeit und keinesfalls von kurzsichtigen Emotionen oder Aktionismus geleitet sei. „Es wird einmal mehr überdeutlich, wie wichtig das Thema internationale Wettbewerbsfähigkeit für einen erfolgreichen Standort ist. Attraktive Rahmenbedingungen sind kein Selbstzweck, sondern die Basis für Arbeitsplätze, Wohlstand und hohe Lebensqualität in unserem Land.“

Industrie mit Kratzern durch die Krise gekommen
Die Industrie sei – wenn auch mit Kratzern – gut durch die Krise gekommen. Während einzelne Bereiche bereits das Produktionsniveau von vor der Corona-Pandemie erreicht oder überschritten hätten, müssten andere Branchen noch die Auswirkungen bewältigen. „Die Industrie mit ihren Mitarbeitern hat das Land durch die Krise getragen und Beschäftigung aufrechtgehalten“, so Knill, der sich bei der Impfstrategie erneut für mehr Tempo und eine Priorisierung der Schlüsselarbeitskräfte in der exportorientierten und systemkritischen Industrie aussprach. „Jede Woche zählt, daher ist auch die angekündigte Vorziehung der Biontech-Impfstoffe, für die sich die Bundesregierung eingesetzt hatte, wichtig“, so Knill. Bei der Impfstrategie könnten Industriebetriebe – wie bereits bei den Testungen – mit ihrem Know-how und ihrer Infrastruktur einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten.

Zudem verwies der IV-Präsident auf die Bedeutung internationaler strategischer Partnerschaften: „Das braucht Europa, um Liefer- und Wertschöpfungsketten sowie die Versorgung mit Rohstoffen zu sichern.“ Dies sei wesentlich, damit Europa die technologische Transformation mitgestalten kann und nicht weitere Abhängigkeiten entstehen. „Wir sehen auch, dass Produktion allein nicht reicht, wir müssen Warenströme, Lieferketten und die Rohstoffversorgung sicherstellen“, so Knill.

Berufliche Perspektiven
Ein weiteres wichtiges Thema und Anliegen bleibt für die Industrie die Lehrlingsausbildung. „Viele Betriebe könnten mehr Lehrlinge aufnehmen, als sich bewerben“, so Knill. Fehlende Schnuppertage oder die Aufstiegsklausel seien Gründe für den Rückgang der Kandidaten. „Dabei bietet gerade die Lehrlingsausbildung in der Industrie jungen Menschen hervorragende Perspektiven. Keine andere Branche nimmt so viel Geld für die qualitativ hochwertige Ausbildung ihrer jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Hand“, erinnert Knill daran erinnerte, dass das Berufsbild in der Industrie heute ein modernes und attraktives sei.

Wichtige Herausforderung bleibe, auch Mädchen von den Chancen einer Industrielehre zu überzeugen. Insgesamt müssten Qualifizierung und Weiterbildung sowie Bildungspolitik insgesamt weiterhin ganz oben auf der politischen Prioritätenliste bleiben. Abschließend sprach sich der IV-Präsident für einen „schlanken und effizienten Staat sowie einen ausgewogenen Sozialstaat“ aus. Dieser müsse aber finanziert werden und dafür sei Wettbewerbsfähigkeit ein entscheidender Faktor: „Es gilt, die richtige Balance zu finden. Österreich ist eines der wohlhabendsten Länder der Welt mit einer hohen Lebensqualität.“

8.5.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at