Life Sciences als Arbeitgeber und Lebensretter in Österreich. (Bild: pixabay.com / Montage)

Schon seit Jahren sind die Life Sciences ein bedeutender Faktor für die heimische Wirtschaft. Die Bedeutung des Sektors wurde durch die Corona-Pandemie noch weiter in den Vordergrund gerückt.

Denn die Zahlen sprechen bereits seit Jahren eine eindeutige Sprache: Mittlerweile macht die Life Sciences-Branche mit mehr als 900 Firmen einen beachtlichen Anteil an der österreichischen Volkswirtschaft aus. 2017 wurde ein Rekordumsatz von 22,4 Milliarden verbucht, was einem 17%igen Umsatzwachstum im Vergleich zur letzten Erhebung 2014 darstellte. Die Branche ist zudem mit über 55.000 Beschäftigten und einem Beschäftigungsplus von 7,4 Prozent zum Vorbericht 2014 ein wichtiger Arbeitgeber in Österreich.

Der Standort hat sich sowohl von wissenschaftlicher als auch von wirtschaftlicher Seite zu einem internationalen Top-Player entwickelt. Das zeigen auch die Vergleichszahlen aus Deutschland. Österreichische Biotechnologie-Firmen erzielten 2017 fast 60 Prozent mehr Umsatz als noch vor drei Jahren, während in Deutschland der Umsatz im Vergleichszeitraum „nur” um 32 Prozent gewachsen ist. Auch bei den Investitionen in Forschung sind die heimischen Biotechnologiefirmen besonders stark. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahlen investieren österreichische Biotechfirmen pro Kopf 40 Prozent mehr in Forschung und Entwicklung als ihre deutschen Nachbarn. Die österreichischen Firmen sind zudem sehr forschungsintensiv. Der gesamte Life Science Bereich hat 2017 mehr als eine Milliarde Euro (1,25 Mrd.) investiert. Das macht fast 23 Prozent der Gesamtausgaben (5,46 Mrd. Euro) für betriebliche Forschung in Österreich 2017 aus.

LISA, BoB & Co.

In einer Branche wie Life Sciences, die sehr forschungsintensiv ist und auch über sehr lange Produktzyklen verfügt, braucht es vor allem in den frühen Entwicklungsphasen staatliche Unterstützungsmaßnahmen, um Marktversagen vorzubeugen. Der Boom in der heimischen Life Sciences Branche basiert u.a. auf dem fruchtbaren Boden, den öffentliche Förderungsprogramme der Branche seit 20 Jahren bereitet haben. Eines der wichtigsten Programme ist aws LISA (Life Science Austria), mit dem seit 1999 mit mehr als 63 Mio. Euro mehr als hundert Unternehmen in ihren Frühphasen finanziert wurden. Neben monetären Förderungsmaßnahmen wie LISA Preseed und Seedfinancing – bis zu einer Million Euro – bietet das aws LISA Programm maßgeschneiderte und kompetente Beratung sowie Unterstützung bei der Internationalisierung.

Es gibt jedoch noch eine ganze Reihe weiterer Unterstützungsmöglichkeiten für Life Science Unternehmen in Österreich. Life Science Projektideen auf dem Weg in die Firmengründung wird durch den Internationalen Businessplan Wettbewerb aws BoB – Best of Biotech das Rüstzeug zur Umsetzung in kommerziell skalierbare Geschäftsmodelle gegeben. Startups aus dem akademischen Umfeld erhalten insbesondere über die im aws AplusB-scale up-Programm geförderten Inkubatoren Unterstützung in der frühen Phase der Unternehmensentwicklung. Zusätzlich steht Life Sciences Unternehmen in Wachstumsphasen Finanzierung durch die aws Venture Capital Initiative, Gründer- und Mittelstandsfonds sowie im Rahmen der Garantie- und Kreditinstrumente zur Verfügung. Abgerundet wird das Angebot an Förderungen über die ganze Wertschöpfungskette hinweg durch Beratung und Förderungen im Patentbereich.

Neben diesen spezifischen Maßnahmen bleibt die wichtigste Voraussetzung die Schaffung eines optimalen Umfelds entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Life Sciences Branche: Dazu gehören sehr gute Rahmenbedingungen für die kompetitive Spitzenforschung an den Universitäten und außeruniversitären Forschungsinstituten sowie die effiziente Unterstützung wissenschaftlicher Talente und Entrepreneure. Im Bereich Life Sciences ist insbesondere der Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die frühe anwendungsorientierte F&E-Phase eine Herausforderung. Deshalb wurde 2019 in Österreich ein Translational Research Centre eingerichtet, um erfolgversprechende Ideen aus der Grundlagenforschung in kommerziell verwertbare Produktkandidaten zu transferieren.

Profitiert hat der Standort neben den finanziellen Initiativen durch eine enge Verknüpfung von akademischer Forschung mit herausragender medizinischer Praxis, international angesehenen Experten und einer aktiven Startup-Landschaft. Im Vergleich zu vor fünf Jahren gibt es fast 27 Prozent mehr Life Sciences Firmen, der größte Teil von ihnen Startups. Das aws LISA-Programm sowie die fünf österreichischen Life Sciences Cluster ermöglichen die Vernetzung aller wesentlichen Stakeholder der Branche, die wissenschaftlichen Einrichtungen, Startup Netzwerke, Business Angels, Risikokapitalgeber, die Börse, Großunternehmen sowie Gesundheitseinrichtungen, Versicherungen und branchenbezogene Dienstleister.

Innovationstreiber Digitalisierung

Gleichzeitig ist die Digitalisierung vor allem in der Medizintechnik zu einem wichtigen Innovationstreiber geworden. Nicht zuletzt die Coronakrise hat (nicht nur) in den Life Sciences zu einem Digitalisierungsschub geführt. Diese Entwicklungen hin zu digitalen Anwendungen zeichnen sich bereits seit Jahren deutlich ab, so konnte gerade im Bereich Medizintechnik in den letzten Jahren bereits ein regelrechter Boom bei e-Health und Telemedizin Anwendungen festgestellt werden. 36 Prozent der Unternehmen sind bereits in diesem Feld tätig. Die Hälfte aller Neugründungen in den vergangenen drei Jahren geht auf den Digital Health Sektor zurück.

Die rasch voranschreitende Digitalisierung in allen Bereichen der Life Sciences eröffnet enorme Chancen. Als Intelligente Algorithmen bezeichnete Computerprogramme werden immer öfter dabei helfen, die richtige Therapie, Behandlung oder Medikation für den jeweiligen Menschen auszuwählen. Expertenwissen verschiedenster Herkunft wird akkumuliert und hilft zum Beispiel Medizinern, unterstützt durch Big Data Analysen die „richtige Wahl” zu treffen. Lernende Algorithmen helfen Röntgenbilder standardisiert und objektiv innerhalb weniger Sekunden zu analysieren. Softwares unterstützen Ärzte beim Abhören von Patienten. Die Anwendungsmöglichkeiten von digitalen Technologien im Gesundheitsbereich sind vielfältig.

Die österreichische Life Science Branche hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Player im weltweiten Wettbewerb entwickelt. Nicht zuletzt die derzeitige Pandemie ermöglicht es den innovativen Startups und Forschenden dieses Wirtschaftssektors zu zeigen was in ihnen steckt. Die Zukunft der österreichischen Life Sciences verspricht weiterhin erfolgreich und spannend zu werden.

Der neue Branchenverband

Vor wenigen Wochen – genau: am 10.12.2020 – wurde unter dem Namen Biotech Austria der erste spezifische Branchenverband für die Biotechnologie-Industrie in Österreich gegründet. Unter den Gründungsmitgliedern befinden sich zahlreiche Unternehmen und Einrichtungen der Spitzenbiotechnologie. Ziel des Verbands ist es, die Zusammenarbeit zwischen Politik, Wissenschaft und der Biotechbranche zu stärken und damit die Etablierung einer unabhängigen, eigenständigen Interessensvertretung der heimischen Biotechnologie, die Förderung eines innovativen und finanziell starken Industriezweiges innerhalb der österreichischen Wirtschaft sowie die Repräsentanz „unserer“ Biotechnologie im In- und Ausland. Um Synergieeffekte besser nutzen und mit einer Stimme in Politik und Gesellschaft auftreten zu können, will Biotech Austria auch mit anderen Verbänden und Clustern in Österreich eng kooperieren, ebenso wie mit Biotech-Organisationen in Europa und den USA.
Die österreichische Biotechnologie bietet Spitzentechnologie und -forschung und gilt als attraktiver, innovativer Arbeitgeber. Sie umfasst mittlerweile etwa 150 Unternehmen mit rund 2.000 Beschäftigten. Biotech ist damit eine der wichtigsten Zukunftsbranchen mit hoher Wachstumsdynamik und schafft durch intensive Forschung und Entwicklung maßgebliche Innovationen. Dadurch bieten sich attraktive Perspektiven für den heimischen Markt sowie für wissenschaftliche Nachwuchstalente und Spezialisten im In- und Ausland.
„Die Biotech-Branche ist ein sehr wichtiger Wirtschaftssektor in Österreich“, erklärt Peter Llewellyn-Davies, Präsident der Biotech Austria und CEO der Apeiron Biologics AG. „Biotechnologie spielt eine immense Rolle für das Wohlergehen der Menschen, die öffentliche Gesundheit und damit für die Wirtschaft. In diesem Jahr hat die Corona-Pandemie nochmal allen verdeutlicht, wie lebenswichtig die Innovationen der Biotechnologie sind. Die Entwicklung und Zulassung des ersten Sars-CoV-2 Impfstoffs in weniger als einem Jahr zeigt die großen Potentiale und die Schlagkraft unserer Industrie.“
Die 30 Gründungsmitglieder sind Biotechnologieunternehmen wie Apeiron, Haplogen Bioscience, Hookipa Pharma und Lexogen. Dazu kommen außerordentliche Mitglieder und Förderer wie KPMG Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, die Pharmig (Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs), Erste Group Bank AG, Vienna Insurance Group AG Wiener Versicherung Gruppe, Herbst Kinsky Rechtsanwälte, Comites International und MC Services und Brandenstein Communications, weiters Kooperationspartner in Form von anderen Verbänden bzw. Clustern wie LISAvienna und Vienna BioCenter. Der Vorstand setzt sich neben Llewellyn-Davies aus Vizepräsident Georg Casari (Haplogen), Reinhard Kandera (Hookipa) und Alexander Seitz (Lexogen) zusammen.

Herausragende Unternehmen

Im Dezember hat die PhagoMed Biopharma den zweiten Platz in einem der härtesten Wettbewerbe für junge, europäische Biotech-Unternehmen gewonnen, nämlich dem Health Catapult des Europäischen Instituts für Innovation & Technologie (EIT). Das EIT Health Catapult ist ein mehrstufiger Wettbewerb, der ins Leben gerufen wurde, um vielversprechende europäische Start-Ups zu identifizieren und zu fördern.

PhagoMed Biopharma beeindruckte die Juroren mit dem neuen Ansatz, hartnäckige bakterielle Infektionen durch den Einsatz von Phagen-basierten Proteinen – sogenannten Lysinen – zu behandeln. PhagoMeds Hauptprogramm ist ein rekombinantes Phagen-Endolsyin, das als hoch innovative und präzise Therapie für die rezidivierende Bakterielle Vaginose fungiert – eine Krankheit, für es bisher keine effektive Behandlungsmöglichkeit gibt. Vor kurzem präsentierte die PhagoMed neue Daten, die belegen, dass ihr neuer Wirkstoffkandidat nicht nur jene Bakterien lysiert, die für die Infektion hauptverantwortlich sind, sondern auch resistente Biofilme erfolgreich löst. Darüber hinaus bleibt das nützliche vaginale Mikrobiom aufgrund der hohen Spezifität des Endolysins unbeeinträchtigt. Die Kombination von hoher Wirksamkeit mit hoher Präzision macht das Endolysin zu einer hoch innovativen Lösung für die rezidivierende Bakterielle Vaginose, die mehr als 100 Millionen Frauen pro Jahr betrifft.

Aus dem Semifinale im Oktober 2020 ging die PhagoMed nicht nur als Finalistin heraus, sondern gewann überdies den LallianSe-Preis für die spannendste Chance auf einen erfolgreichen Markt-Eintritt. Der zweite Platz im Gesamtwettbewerb bedeutet einen Gewinn von 20.000 Euro und ist ein starkes Signal; seit der Gründung 2017 hat das Unternehmen vier Patente eingereicht, mehr als 6,5 Millionen Euro an privaten Investments und öffentlichen Förderungen eingeworben und mehrere Auszeichnungen bekommen. Derzeit arbeitet ein Team von 15 hochqualifizierten Wissenschaftlern am Campus Vienna Biocenter in Wien, Österreich.

Die Börsennotierten

Als wohl bekanntestes österreichisches Unternehmen hat sich Marinomed Biotech positioniert, die im Prime Market der Wiener Börse notieren. Der Unternehmensfokus liegt auf der Entwicklung innovativer Produkte, die auf patentgeschützten Technologieplattformen basieren. Die Technologieplattform Marinosolv erhöht die Wirksamkeit von schwer löslichen Wirkstoffen speziell für die Behandlung von sensiblen Organen wie Augen, Nase, Magen-Darm und Lunge. Die Plattform Carragelose umfasst innovative patentgeschützte Produkte zur Behandlung von viralen Infektionen der Atemwege. Carragelose kommt in Nasensprays, Rachensprays und Pastillen zur Anwendung, die mit internationalen Partnern weltweit in mehr als 40 Ländern vertrieben werden.

Zuletzt hat Marinomed eine klinische Studie an der Swansea Universität zur Untersuchung der Wirksamkeit von Carragelose zur Prävention von Covid-19-Infektionen angekündigt. Weitere Endpunkte sind die Häufigkeit von Atemwegsinfekten mit anderen Viren, die Anwenderfreundlichkeit des Sprays in der Prävention und die Auswirkung auf Qualitäts-adjustierte Lebensjahre (Quality-adjusted Life Years, QALYs). „Marinomed konnte zeigen, dass Carragelose das neue Coronavirus in vitro neutralisieren kann“, erklärt CSO Eva Prieschl-Grassauer. „Wir haben guten Grund zur Annahme, dass diese Studie unsere in vitro-Daten bestätigen und dazu beitragen wird, Carragelose-Nasenspray als Covid-19-Prophylaxe für medizinische Fachkräfte zu validieren. So kann diese besonders gefährdete Berufsgruppe vor einer Ansteckung bewahrt werden.“

Noch mehr Corona-Kämpfer

Ebenfalls Covid-19-orientiert agiert Apeiron: Anfang Dezember wurde die Patientenrekrutierung für eine klinische Phase-II Studie mit APN01 abgeschlossen. Die Ergebnisse der internationalen, multizentrischen, doppelt-verblindeten, randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie werden noch im ersten Quartal erwartet. APN01 (Alunacedase alfa) ist die rekombinante Form des humanen Angiotensin-Converting-Enzyms 2 (rhACE2) mit einer dreifachen Wirkungsweise: APN01 kann die Infektion von Zellen mit dem SARS-CoV-2-Virus verhindern, die Schädigung verschiedener Organe reduzieren und die durch Covid-19 verursachten Entzündungsreaktionen in der Lunge behandeln. Präklinische Ergebnisse, die vor Kurzem bestätigt haben, dass APN01 SARS-CoV-2 spezifisch angreift, wurden in der peer-review Publikation CELL veröffentlicht.

In der laufenden Phase-II Studie wird die Behandlung schwer kranker Covid-19 Patienten mit APN01 mit einer Placebo-Behandlung verglichen. Pro Studien-Arm werden jeweils etwa 100 Patienten verteilt auf mehrere Standorte in Deutschland, Österreich, Dänemark, Großbritannien und Russland behandelt. Primäres Studienziel ist die Bewertung der klinischen Wirksamkeit und Sicherheit von APN01 u.a. anhand der Notwendigkeit einer invasiven mechanischen Beatmung. Sekundäre Ziele sind die Evaluierung von Veränderungen messbarer biologischer Parameter nach der Verabreichung von APN01. „APN01 ist einer der fortgeschrittensten COVID-19-Medikamentenkandidaten und die einzige Behandlung in klinischer Entwicklung, die speziell auf SARS-CoV-2 abzielt“, erklärt Peter Llewellyn-Davies. „Wir haben in präklinischen Studien klare Ergebnisse gesehen und in einzelnen individuellen Heilversuchen die Wirkungsweise und den klinischen Benefit von APN01 bestätigt. Derzeit arbeiten wir zusammen mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) an der Möglichkeit einer schrittweisen Einreichung des Zulassungsantrags (MAA), um unseren Medikamentenkandidaten so schnell wie möglich bereitzustellen, sofern positive klinische Ergebnisse vorliegen.“

Sehr wertvolle Beiträge gegen Covid-19 geleistet hat bereits Polymun, die in pharmatime schon vorgestellt wurden. Der Biotech-Spezialist hilft mit Lipid-Nanopartikeln, das Corona-Virus zu bekämpfen. Diese Lipid-Nanopartikel bringen – vereinfacht – den Wirkstoff des Anti-Corona-Impfstoffes in die Zellen. Es handelt sich um einen RNA-Impfstoff, dessen Wirkmechanismus auf Ribonukleinsäure beruht. Aus der RNA wird ein Protein hergestellt, das eine Immunreaktion auslöst. Doch dazu muss die RNA aus dem Impfstoff auch tatsächlich in die Zellen gelangen – denn eigentlich würde sie davor bereits vom Körper abgebaut werden. Hier kommen die Lipid-Nanopartikel von Polymun ins Spiel, die genau das verhindern.

Das Biotech-Unternehmen mit rund 90 Mitarbeitern will – aufgrund der zu erwartenden hohen Nachfrage – die von ihm entwickelten Technologien künftig auch mit Partnern umsetzen bzw. die Herstelltechnologie weltweit an verschiedenen Produktionsstandorten aufbauen. Polymun, 1992 gegründet, ist ein privates Unternehmen im Familienbesitz.

Gegen die Gefahr aus der Luft

Das 2013 gegründete Wiener Neustädter Biotech-Unternehmen CuraSolutions wiederum hat eine Methode zur permanenten Reduktion von Keimen und Viren in der Luft auf natürlicher Basis ausgetüftelt. Die Übertragung von Mikroorganismen sowie die damit verbundene Ansteckung mit Krankheiten erfolgt ja auch – und in vielen Fällen sogar vorwiegend – über die Luft. Aktuell gehen internationale Experten sogar davon aus, dass sich Mikroorganismen und Viren nicht nur durch Niesen, Husten und feuchtes Sprechen mittels Tröpfcheninfektion verbreiten, sondern auch in Form eines Aerosols.

Bei Aerosolen handelt es sich um besonders feinen Nebel, der schon beim normalen Atmen und Sprechen entsteht und lange in der Luft stehen bleibt. Aerosoltröpfchen haben einen Durchmesser von nicht einmal fünf Mikrometer. In geschlossenen, personenbelegten Räumen sowie im privaten Haushalt sind bekannte Schutzmaßnahmen wie Abstand halten und Masken tragen oft schwer umsetzbar bzw. nur bedingt effektiv. Auch regelmäßiges Lüften ist nicht immer möglich. Bekannte Verfahren zur Prävention scheitern oft auch daran, dass mit minimalen Wirkstoffkonzentrationen, wie sie nötig sind, um menschliches Zellgewebe nicht zu schädigen, keine Reduktion der Keimbelastung in der Raumluft erzielt werden kann. Bei der von CuraSolutions entwickelten Methode der Wirkstoffverstärkung werden nunmehr bekannte, auch in der Natur vorkommende natürliche Wirkstoffe mittels L.O.G. Technology reformuliert und um ein Vielfaches verstärkt. Diese natürliche Wirkstoffverstärkung ermöglicht den permanenten Einsatz von antimikrobiell wirksamen Substanzen, auch wenn sich Personen in Räumen aufhalten.

Die L.O.G. Technology verstärkt unter Einsatz von Pflanzenextrakten die Effizienz von Wirkstoffen um ein Vielfaches, weil sich im jeweiligen Gemisch Mizellen bilden, welche die Wirkstoffe aufnehmen, an den Wirkort transportieren und dort freisetzen. Diese Technologie verhindert, dass sich die in sehr geringem Ausmaß eingesetzten Wirksubstanzen bereits in Schleimen oder Biofilmen verbrauchen und dadurch keine Energie zur Abtötung von Mikroorganismen verbleibt. In einer Studie der Uni-Klinik für Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle der MedUni Wien konnte nachgewiesen werden, dass der Einsatz von L.O.G. das Eindringen von Wirkstoffen in Biofilme (Schleime) derart begünstigt, dass eine maximale Wirkstoffabgabe im Schadorganismus sichergestellt wird. Die Applikation erfolgt mittels Ultraschalltechnik. Diese gewährleistet eine Tröpfchengröße im unteren Mikrometerbereich (1-5 µm) und sorgt so für einen intensiven Kontakt der Wirkstoffe zu Mikroorganismen, da die Tröpfchengröße und die Größe zahlreicher Mikroorganismen in gleichen Bereichen liegen. Außerdem wird durch die Ultraschallvernebelung eine große Reaktionsoberfläche geschaffen, die die Wirksamkeit zusätzlich begünstigt. Die Kombination aus geringer Tröpfchengröße und gutem Schwebeverhalten führt durch die Verdunstung des „Trägerwassers“ zu einer Konzentration der Wirkstoffe. Die Folge: Es wird eine antimikrobielle Wirkung auch auf Oberflächen nach Sedimentation der Wirkstoffe erzielt.

Gründer und Mehrheitsgesellschafter von CuraSolutions ist der Wiener Neustädter Wolfgang Fürlinger. „Unser Schwerpunktist die Verstärkung antimikrobiell wirksamer Substanzen, sodass diese in geringen Konzentrationen bereits eine maximale Wirksamkeit entfalten können. Wir verzichten dabei bewusst auf die Zugabe von Silberderivaten und sonstigen bedenklichen Wirkstoffverstärkern und stellen trotzdem eine weitaus höhere antimikrobielle Wirksamkeit sicher als bei herkömmlichen Desinfektionsmitteln, die zur Raumluftkonditionierung eingesetzt werden.“ Das Verfahren kann in sämtlichen Gebäuden, wo Menschen aufeinandertreffen oder sich laufend aufhalten, eingesetzt werden. Hierzu zählen unter anderem, Wohnräume, Gaststätten, Büroräume, Geschäfte und Veranstaltungsorte aber auch öffentliche Gebäude, Gesundheitseinrichtungen, Arztpraxen sowie Apotheken. Darüber hinaus ist der Einsatz auch in öffentlichen Transportmitteln wie Flugzeugen, Schiffen, Zügen oder U-Bahnen durch den Einbau von Ultraschalltechnik direkt in die luftführenden Systeme möglich.

Zehnfache Produktionskapazität

Das Wiener Biotechnologie-Unternehmen Biomay AG erweitert mit der Errichtung einer neuen Produktionsanlage in der Seestadt Wien-Aspern seine Produktionskapazitäten um das Zehnfache. Der Betrieb im neuen Headquarter in der Seestadt soll im ersten Quartal 2022 aufgenommen werden. Durch den Neubau kann das Unternehmen Kunden bis zur Marktversorgung bedienen und neue Märkte im mRNA-Bereich erschließen. Zusätzlich wird die Auftragsproduktion von patientenspezifischen Produkten für personalisierte Therapien in deutlich größerem Umfang als bisher möglich. Mit Biomay setzt somit ein weiteres forschungsintensives Technologieunternehmen auf die Vorteile der urbanen Produktion im neuen Wiener Stadtteil.

Mit der Inbetriebnahme wächst der Mitarbeiterstand des Unternehmens von derzeit 50 auf bis zu 90 Personen mit umfangreichem Know-how in der biopharmazeutischen Produktion. „Es ist großartig, dass wir es unter Pandemiebedingungen geschafft haben, dieses komplexe Bauprojekt zeitgerecht auf Schiene zu bringen”, freut sich CEO Hans Huber. Die Investition bedeutet für Biomay die Weiterentwicklung in eine „neue unternehmerische Liga“, erklärt Huber: „Wir produzieren bereits heute für Unternehmen, die hoch innovative Behandlungen in den Bereichen Gen- und Zelltherapie, CRISPR/Gene-Editing und mRNA-Vakzinierung entwickeln. Unsere gesteigerten Chargenkapazitäten und ein ausgeweitetes Angebotsspektrum bieten unseren Kunden eine langfristige Perspektive – von der Produktentwicklung bis zur Marktversorgung.” Das Produktionsgebäude wird über eine Gesamtfläche von etwa 4.000 m² verfügen und mit modernen Anlagen für die Herstellung innovativer Biotech-Produkte für die pharmazeutische Industrie ausgestattet sein; der Fokus liegt dabei auf Plasmid-DNA, mRNA und rekombinanten Proteinen.

Verschränkung mit den USA

Last but not least hat in den Weihnachtsfeiertagen die amerikanische EyeGate Pharmaceuticals hundert Prozent der Anteile des heimischen Biotech Unternehmen-Panoptes Pharma übernommen. Die bisherigen Eigentümer, bestehend aus dem Gründerteam Franz Obermayr und Stefan Sperl, sowie die institutionellen und strategischen Investoren veräußerten ihre Beteiligung im Wege eines Aktientausches und sind nun an EyeGate beteiligt. Panoptes wird durch die Transaktion zur hundertprozentigen Tochterfirma von EyeGate, Obermayr und Sperl sind nun Teil des EyeGate-Managementteams.
Panoptes Pharma hat sich auf die Entwicklung von Therapien auf Basis kleiner Moleküle zur Behandlung schwerer Augenkrankheiten mit hohem ungedecktem medizinischen Bedarf spezialisiert. EyeGate konzentriert sich auf die Entwicklung und Vermarktung von Produkten zur Behandlung von Krankheiten und Störungen des Auges; das Unternehmen notiert an der Nasdaq und hat seinen Hauptsitz in Waltham, Massachusetts.

22.3.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at