KSV-Insolvenzstatistik 1. Halbjahr 2016: In den ersten sechs Monaten 2016 wurden insgesamt 2.652 Unternehmen insolvent. Gegenüber dem Vergleichszeitraum 2015 ist das ein Zuwachs von 4,7 %. Auffällig: Mit 1.625 Fällen (+ 6,9 %) sind deutlich mehr Verfahren eröffnet als (mangels Vermögens) abgewiesen wurden. Die Zahl der Nicht-Eröffnungen beläuft sich auf „nur“ 1.027 Fälle (+ 1,3 %). Die zu regulierenden Schulden sind insgesamt auf EUR 1.800 Mio. hochgeschnellt – ein Plus von ca. 117 %. Die Zahl der von eröffneten Insolvenzverfahren betroffenen Dienstnehmern stagniert bei 9.500.

„Die Verdopplung der Insolvenzverbindlichkeiten lässt sich im Wesentlichen auf drei Fälle zurückführen und ist somit kein Massenphänomen innerhalb der Insolvenzlandschaft. Auch der 5 %ige Anstieg der Unternehmensinsolvenzen ist kein Alarmsignal, aber es bleibt der Befund, dass die Fälle nicht nur mehr, sondern tendenziell auch wieder größer geworden sind“, analysiert Dr. Hans-Georg Kantner, KSV1870 Leiter Insolvenz, und ergänzt: „Dieser Befund deckt sich weitgehend mit unserer Einschätzung, dass die Talsohle der rückläufigen Insolvenzentwicklung letztes Jahr durchschritten wurde und nun wieder mit steigenden Zahlen zu rechnen ist.“

Privatkonkurse im ersten Halbjahr 2016 leicht rückläufig
Im ersten Halbjahr 2016 gingen 4.233 Personen in Privatkonkurs, das sind um 4,3 % weniger Schuldenregulierungsverfahren als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Der Gesamtschuldenstand ging mit 523 Mio. Euro um 1,5 % zurück. Durchschnittliche Verschuldung: Ehemals Selbstständige EUR 270.000,-, „echte“ Private EUR 59.000,-

Unterschiedliche Entwicklung in den Bundesländern:

Wien: Immer Spitzenreiter bei der Zahl der Verfahren (bedingt durch absolute Bevölkerungszahlen und Großstadtsituation) verzeichnet einen untypischen Rückgang von 12 %

OÖ: Bei den Insolvenzen an zweiter Stelle, gibt es einen starken Zuwachs von 12 % – Der Industrie- und Handelsstandort könnte damit einen Trend für die nächsten 12 Monate vorgeben

NÖ: Nachzügler bei den Schuldenregulierungen: Geringes Niveau an materiell zahlungsunfähigen Menschen gemessen an der Bevölkerung, doch zugleich auch ein zu niedriges Niveau an Schuldenregulierungen gemessen an den materiell Zahlungsunfähigen. Mittelfristig ist daher mit einem Zuwachs zu rechnen

Steiermark: Wenige Insolvenzen gemessen an den materiell zahlungsunfähigen Personen. Der Anstieg um etwas über 12 % könnte einen nachhaltigen Trend einläuten.

Tirol: Das wirtschaftlich starke Bundesland weist einen guten Mix aus Industrie, Handel und Tourismus auf, die Zahlen der Schuldenregulierung oszillierten in der Vergangenheit stark mit dem Arbeitsmarkt. Der leichte Rückgang von 1,6 % ist ein Signal der Stärke.

Kärnten: War über Jahre Spitzenreiter bei der Zahl der Verfahren gemessen an den materiell Zahlungsunfähigen. Der Rückgang ist auf die Schließung einiger Büros der Schuldenberatung zurückzuführen, der Regulierungsbedarf ist  aufgrund der schwächsten Pro Kopf-Einkommen weiterhin gegeben.

Vorarlberg: An vorderer Front der Schuldenregulierung in Österreich, hatte bisher immer starke Zahlen, der geringe Rückgang zeigt, dass dieser Trend noch anhält.

Burgenland: In den vergangenen Jahren zeigten sich die Spätfolgen der Fördereffekte mit vielen Gründungen und neuen Arbeitsplätzen. Nun folgen Jahre der Anpassung, die scheinbar gut verkraftet werden.

Der Rückgang an Privatkonkursen ist nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Es gibt viele heillos überschuldete Personen, die einer Schuldenregulierung mit Begleitung und Beratung durch Schuldenberatungsstellen bedürfen. Diese werden von der Öffentlichen Hand finanziert und bei Sparprogrammen werden die Kapazitäten reduziert (wie z. B. in Kärnten, wo 2015 mehrere Büros der Schuldenberatung geschlossen wurden).

ksv1870_insolvenzstatistik

Wien, 05.07.2016, Quelle: www.ksv.at