Die neue Rechtslage tritt am 1. Jänner 2021 in Kraft und ist grundsätzlich nur auf ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene Vereinbarungen anwendbar. (Bild: pixabay.com)

Die Regierungsvorlage für das Gewährleistungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz (“GRUG”) wurde kürzlich vom Nationalrat beschlossen. Dieses Gesetz dient zur Umsetzung der EU-Warenkauf-RL 2019/771 und der EU-Digitale-Inhalte-Richtlinie 2019/770, die im Wesentlichen dem Prinzip der Vollharmonisierung folgen. Im Folgenden gibt PwC Legal Austria einen Überblick über die wesentlichen Änderungen:

Verbrauchergewährleistungsgesetz (“VGG”)
Das neue Gesetz findet auf Verbrauchergeschäfte

  • über den Kauf von Waren (dh beweglichen körperlichen Sachen), einschließlich solcher, die noch herzustellen sind, und
  • über die Bereitstellung digitaler Leistungen gegen Zahlung oder Überlassung personenbezogener Daten

Anwendung. Davon ausgenommen sind unter anderem der Kauf von Tieren, Gesundheits-, Finanz- und Glücksspieldienstleistungen sowie bestimmte elektronische Kommunikationsdienste.

Von den Vorgaben des VGG kann mittels Vereinbarung nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden, es sei denn, die Vereinbarung wird erst nach Verständigung des Unternehmers vom Mangel abgeschlossen.

Der Begriff des Mangels wird im VGG in den §§ 4 ff näher definiert. Wie im allgemeinen Gewährleistungsrecht (§ 924 ABGB), statuiert das VGG eine gesetzliche Vermutung der Mangelhaftigkeit im Übergabe- bzw Bereitstellungszeitpunkt der Leistung/Ware. Allerdings wird die Vermutungsfrist auf ein Jahr verlängert. Bei fortlaufenden digitalen Leistungen trifft den Unternehmer die Beweislast für die Vertragsmäßigkeit während des gesamten Bereitstellungszeitraums.

Darüber hinaus trifft den Unternehmen eine Aktualisierungspflicht für digitale Leistungen und Waren mit digitalen Elementen. Diese Aktzualisierungspflicht wird ausnahmsweise auch B2B schlagend (§ 1 Abs 3, § 7 VGG).

Wie im allgemeinen Gewährleistungsrecht, ist im VGG eine Rangfolge der Gewährleistungsbehelfe vorgesehen. In erster Linie besteht im Rahmen der Gewährleistung der Anspruch auf Verbesserung oder Austausch. Die Wahl zwischen diesen primären Gewährleistungsbehelfen hat beim Warenkauf der Verbraucher, bei der Bereitstellung digitaler Leistungen der Unternehmer. Unter bestimmten Voraussetzungen kann – in Anlehnung an das allgemeine Gewährleistungsrecht, aber mit Abweichungen im Detail – auf die sekundären Behelfe Preisminderung und Vertragsauflösung (bisher: Wandlung) umgestiegen werden. Die Geltendmachung dieser Gewährleistungsbehelfe ist an keine bestimmte Form geknüpft.

Anders als nach dem bisherigen Verständnis der Gewährleistungsfrist als Verjährungsfrist, definiert das VGG die Gewährleistungsfrist als Zeitraum, in dem der Mangel hervorkommen bzw auftreten muss, um gewährleistungsrechtliche Folgen auszulösen. An die Gewährleistungsfrist schließt die Verjährungsfrist an, innerhalb derer der Gewährleistungsanspruch eingeklagt oder – zur Erhaltung der einredeweisen Geltendmachung – der Mangel dem Unternehmer angezeigt werden muss. Dieses neue Verständnis wird auch in das allgemeine Gewährleistungsrecht übernommen (§ 933 ABGB).

Die Gewährleistungsfrist beträgt im Anwendungsbereich des VGG – mit wenigen Ausnahmen – zwei Jahre und läuft ab Übergabe. Die dreimonatige Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf der Gewährleistungsfrist.

Bei fortlaufenden digitalen Leistungen kann sich der Unternehmer in der Vereinbarung ein Vertragsanpassungsrecht aus triftigem Grund einräumen lassen, wobei die Änderung und der Grund konkret angeführt sein müssen.

Änderungen im KSchG und ABGB
Daneben wurden im KSchG noch eine eigene verbraucherrechtliche Verzugsregelung (§§ 7c, 7d) und neue Vorgaben zur Garantie (§ 9a) implementiert.

Auch im ABGB kam es – wie oben bereits erwähnt – zu Anpassungen mit Blick auf die Gewährleistungs- und Verjährungsfrist sowie Änderungen in der Terminologie (Vertragsauflösung statt Wandlung). Darüber hinaus wurden die Regelungen zum gewährleistungsrechtlichen Rückgriff nach § 933b ABGB überarbeitet: Der Anspruch gegen den Vormann ist nicht mehr mit dem an diesen geleisteten Entgelt begrenzt ist, sondern umfasst den gesamten Verbesserungsaufwand, sofern dem Vormann die Möglichkeit gegeben wurde, den Mangel selbst zu beheben. Außerdem kam es zu einer Verlängerung der relativen Verjährungsfrist von zwei auf drei Monaten.
“Wir empfehlen Unternehmen, ihre bestehenden Geschäftsbedingungen und Vereinbarungen bereits frühzeitig zu prüfen und an die neuen Vorgaben anzupassen”, so Dr. Axel Thoß, Rechtsanwalt und Leiter der Praxisgruppe “Dispute Resolution & Contracts” bei PwC Legal.

20.8.2021 / Autoren: Dr. Axel Thoß und Mag. Sabine Brunner, Zivil- und Verbraucherrechtsexperten bei PwC Legal Austria / www.pwc.at