Nach EuGH-Urteil aus Luxemburg entsteht der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers erst dann, wenn der Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer beim Leistenden entsteht. (Foto: Gerichtshof der Europäischen Union, www.curia.europa.eu, G. Fessy (c) CJUE)

Für Leistungen eines Ist-Besteuerers soll bald die Vorsteuer erst bei der Zahlung geltend gemacht werden können. Um das Recht auf Vorsteuerabzug auszuüben, soll künftig der Leistungsempfänger wissen müssen, ob der leistende Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten besteuert.

Nach dem Unionsrecht entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug gleichzeitig mit dem Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer, also mit dem Zeitpunkt, in dem die Umsatzsteuer vom Leistenden geschuldet wird. Dies bestätigt der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem jüngsten Urteil auch für den Fall, dass die Umsatzsteuerschuld aufgrund der Ist-Versteuerung des Leistenden bei diesem erst mit Vereinnahmung der Zahlung entsteht.

Der Leistungsempfänger kann dann den Vorsteuerabzug eben auch erst im Zeitpunkt der Zahlung vornehmen. Dies gilt für alle Leistungsempfänger, unabhängig von einer Ist- oder Soll-Versteuerung. In diesem Sinne lautet auch der Begutachtungsentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2022.

EuGH-Urteil für alle Unternehmer von Bedeutung

Der EuGH stellt fest, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers erst dann entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer, somit die Umsatzsteuerschuld beim Leistenden entsteht. Dies ist im Fall einer Ist-Versteuerung des Leistenden der Zeitpunkt der Zahlung. Der EuGH betont, dass der Unionsgesetzgeber den Zeitpunkt der Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts gerade an die – durch die Ist-Versteuerung veränderliche – Entstehung des Steueranspruchs geknüpft hat, nicht hingegen an die Leistungsausführung. Das Urteil ist für alle Unternehmer von Bedeutung. Es betrifft nicht den Unternehmer, der die Leistung als Ist-Versteuerer erbringt, sondern seine Leistungsempfänger.

Neues Rechnungsmerkmal

Diese EuGH-Judikatur wird im derzeit vorliegenden Begutachtungsentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2022 berücksichtigt. Die geplante Gesetzänderung sieht vor, dass bei Leistungsbezug von einem Unternehmer, der seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten besteuert (Ist-Besteuerer), zusätzliche Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug ist, dass die Zahlung geleistet wurde. Um das Recht auf Vorsteuerabzug auszuüben, muss somit der Leistungsempfänger wissen, ob der leistende Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten besteuert. Aus diesem Grund soll zukünftig die Verpflichtung für den leistenden Unternehmer bestehen, die Angabe „Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ in seine Rechnung aufzunehmen.

Beispiel: Unternehmer A versteuert nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerer). Unternehmer B besteuert nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerer). A erbringt im Jänner sonstige Leistungen an B. Die Bezahlung erfolgt im April.

Lösung: Da das Recht auf Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger B im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld für die erbrachte Leistung entsteht, kann B das Recht auf Vorsteuerabzug erst für den Voranmeldungszeitraum, in dem die Zahlung erfolgt ist (April), ausüben.

Hinweis: Ob diese Änderungen laut Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2022 tatsächlich beschlossen werden, bleibt abzuwarten. Das Inkrafttreten der Regelung ist für den 1.1.2023 vorgesehen. Es könnte also sein, dass mit Beginn des neuen Jahres die Rechnungen eines Ist-Versteuerers mit einem entsprechenden Zusatz („Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten“) ausgestellt werden müssen. Achten sie in dem Fall auf die rechtzeitige Umstellung bei der Rechnungserstellung!

1.8.2022, Autor/Quelle: Hübner & Hübner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, www.huebner.at